Wie so viele andere heutige Flensburger war die Bundeswehr, die Bundesmarine, „Schuld“ daran, dass es unseren Protagonisten in den hohen Norden nach Flensburg verschlagen hat. Wir erzählen im zweiten Teil seiner bemerkenswerten Vita, wie er mit Bravour sämtliche an ihn gestellte Anforderungen meisterte – darunter ganz spezielle Aufträge … aber lesen Sie doch einfach selbst! (Teil 1 finden Sie im Flensburg Journal Ausgabe 262)

Zahlreiche spezielle Erlebnisse im Zusammenhang mit „Desex“

Die praktische Ausbildung deutscher Marine-Offiziersanwärter fand in den Jahren von 1990 bis etwa 2015 meist auf größeren Einheiten der Flotte statt. Sie wurde häufig mit Ausbildungsvorhaben der „Desex“-Reihe (Destroyer Exercise) der Zerstörer-Flottille verbunden, zu denen aber meist eine der bundesdeutschen Fregatten abkommandiert waren. Die jährliche „Desex“ fand meist im Wechsel auf einem der großen Weltmeere statt. Der zur Hälfte des Einsatzes obligatorische „Crew-Wechsel“ musste somit stets fernab der Heimat in einem der Anrainerhäfen durchgeführt werden. So vollzog Vollmert Stock im Jahr 1996 den ersten Austausch des Personals im Rahmen der „Desex“ im Hafen von Kapstadt/Südafrika.

Vollmert Stock – aus dem Sternenviertel in die weite Welt hinaus (Teil 2)
Mit Ulli Klose (RTL) nach dem Interview

Abenteuer in Indien

Ein Jahr später in 1997 fand erneut der nächste „Crew-Wechsel“ im Rahmen von „Desex“ statt, dieses Mal führte ihn und die neuen Besatzungsmitglieder die Reise nach Kochi (Cochin) im fernen Indien. Kochi liegt im Bundesstaat Kerala im Süden Indiens, gelegen an der prächtigen Küste von Malabar, und ist für indische Verhältnisse mit rund 600.000 Einwohnern eher noch eine „Kleinstadt“. Dort wurde die begleitende Delegation – auch unser Protagonist – in Hotels untergebracht. Gleich in der ersten Nacht wurde Vollmert Stock dabei zum Opfer von dreisten Einbrechern. Diese sprühten mitten in der Nacht ein Betäubungsgas durchs Schlüsselloch in das Hotelzimmer, der so traktierte Gast war folglich besinnungslos, konnte keinen Widerstand leisten und wurde von den Ganoven um seine Wertsachen „erleichtert“. Immerhin passierte unserem Weltenbummler nichts Gravierenderes, es hätte ja durchaus auch anders für ihn ausgehen können. „Von dem benutzten Narkosemittel hatte ich noch drei Tage lang einen Brummschädel“, denkt Vollmert Stock an dieses spezielle Abenteuer nicht so gern zurück.

Vollmert Stock – aus dem Sternenviertel in die weite Welt hinaus (Teil 2)
Flottenchef mit neuem Gefährt

Crew-Wechsel mit Hindernissen

Im Jahr 1999 sollte der „Crew-Wechsel“ für die auf Reisen befindliche Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ ursprünglich auf den Azoren stattfinden, der Flieger landete dazu auf dem portugiesischen Militärflugplatz Lajes Air Base. Erstmals wurden übrigens Ehefrauen und Partnerinnen der Stammbesatzung auf diesem Flug mitgenommen. Es gab leider mit einer der Damen unterwegs gesundheitliche Probleme. Man verpasste so den vereinbarten Zeitpunkt des Treffens mit dem deutschen Schiff, musste ihm hinterherfliegen, landete deshalb eine Weile später schließlich in Cartagena, einem kolumbianischen Hafen und Flugplatz. Der Austausch des Personals konnte dort tatsächlich vollzogen werden, doch kurz vorm Abflug zurück nach Hause brach sich eine der Stewardessen bei einem Sturz im Flieger ein Bein.

Die verunglückte Flugbegleiterin litt unter heftigen Schmerzen, der begleitende Arzt konnte diese zwar mit Schmerzmitteln lindern, doch wollte die Verunglückte nun „aber unter gar keinen Umständen“ am anderen Ende der Welt in einem Lazarett oder Krankenhaus zurückbleiben. „Unser Pilot schlug deshalb vor, nach Washington in die USA zu fliegen, sie dort in ärztliche Obhut zu geben. Gesagt, getan“, erinnert sich Vollmert Stock. „Wir flogen nach Nordosten Richtung USA, und dann hatte der Pilot noch eine andere spontane Idee: Er wusste, dass just zu dem Zeitpunkt der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einem Staatsbesuch in Washington weilte. Der Flugkapitän stellte – wie auch immer – eine Kommunikation zur Maschine des Kanzlers her, fragte nach, ob die eventuell im Zuge der Amtshilfe eine schwerverletzte Deutsche übernehmen und zurück nach Deutschland mitnehmen würden.

Nach einigem Kompetenzgerangel wurde der Kanzler von seinem Adjutanten dann doch höchstpersönlich um sein Einverständnis gefragt. Ohne Zögern, wie es so seine Art war, erklärte Bundeskanzler Schröder sich damit einverstanden: „Bringt das Mädel aber bitte schnell rüber in unseren Flieger, wir wollen nämlich in Kürze abfliegen!“ – Originalton des Kanzlers … eine Aktion, die den für Schröder verantwortlichen Sicherheitsleuten vermutlich arge Kopfschmerzen bereitet haben dürfte. So kam die verletzte Stewardess zu dem von ihr erhofften Rücktransfer nach Deutschland, sogar in der Obhut und Begleitung eines prominenten Mitreisenden. Sie wurde unmittelbar nach der Landung in Köln/Bonn sofort mit einem schon bereitstehenden RTW in ein deutsches Krankenhaus gebracht: Ende gut, alles gut!

Gerd Schröder war von Oktober 1998 bis November 2005 in einer Regierungskoalition mit Bündnis 90/Die Grünen der siebte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

Vollmert Stock – aus dem Sternenviertel in die weite Welt hinaus (Teil 2)
Vollmert Stock an der Pier Djibouti

Was vor Ort während eines Crew-Wechsels passieren kann

Auch im Jahr 1999 weilte Stock anlässlich eines Crew-Wechsels im Frühjahr in Puerto Rico, im Marinestützpunkt Roosevelt Roads. Puerto Rico liegt in der Karibik und ist ein Außengebiet der USA. Einige Monate später, noch für die gleiche Auslandsreise, stand für Stock ein Trip nach Kolumbien an, erneut war der Anlass ein Wechsel der Besatzung. Es waren hauptsächlich extra eingezogene Reservisten für den Einsatz dabei. Cartagena de Indias ist eine Hafenstadt an der Karibikküste Kolumbiens und bekannt für ihre wundervollen Bauten aus der spanischen Kolonialzeit (nicht verwechseln mit der gleichnamigen spanischen Stadt am Mittelmeer).

In der Altstadt Cartagenas verschwand bereits kurz nach Ankunft spurlos einer der deutschen Soldaten, der die Warnungen, niemals allein „an Land“ zu gehen, leider in den Wind schlug. Tragisch an dem Fall war, dass der Vermisste nur eine Reserveübung absolvierte, frisch verheiratet war und ein gerade neu gebautes Eigenheim zu finanzieren hatte. Seine vermeintliche Witwe wurde erst Monate später nach dem späteren Auffinden von einigen privaten Gegenständen ihres Mannes offiziell als Witwe anerkannt, der dann letztlich eine entsprechende Witwenrente zuerkannt wurde. Das Verschwinden des Mannes wurde offiziell als „im Dienst tödlich verunglückt“ deklariert.

Vollmert Stock – aus dem Sternenviertel in die weite Welt hinaus (Teil 2)
Vorm Interview mit Al Jazeera

Bei einem anderen Personalaustausch, diesmal im Mittelmeer auf Sizilien, gab es auch Probleme durch einen Landgang eines Besatzungsmitglieds. Auch dieser Soldat war wider besseres Wissen allein unterwegs, wurde prompt überfallen und ausgeraubt. Vollmert Stock spürte nach dem Vorfall die niedergeschlagene Stimmung an Bord, fragte nach, ob man bereits bei den örtlichen Behörden im Hafen von Augusta vorstellig geworden sei. Er nahm es schließlich selbst in die Hand.

Auf der Carabinieri-Station erklärte man sich für nicht in der Lage, dieses Problem lösen zu können. Der Stationsleiter nannte unserem Kümmerer jedoch klammheimlich den Namen des örtlichen „Statthalters“ und eigentlichen „Bestimmers“ der Region, empfahl den Deutschen dringend, den örtlichen Paten förmlich aufs Schiff und an Bord zu einem Höflichkeitsbesuch einzuladen. Nach Rücksprache mit dem Schiffskommandanten erging prompt eine solche Einladung an den Paten, die dieser auch umgehend annahm. Mit großem Gefolge fuhr man zum Treffen mit den deutschen Seeleuten vor, erhielt beim Anbordkommen eine förmliche Begrüßung („Seite“), speiste vorzüglich gemeinsam in der Offiziersmesse, tauschte großzügige Gastgeschenke aus, unterhielt sich höflich und anregend miteinander. Als der Gast schließlich fragte, ob die Deutschen insgesamt mit allem vor Ort glücklich und zufrieden seien, trug ihm der Kapitän sein kleines Problem vor. Daraufhin gab der „Padrone“ seinem danebensitzenden Adjutanten einen kurzen Wink. „Am Abend waren die dem unglücklichen Soldaten geraubten persönlichen Gegenstände komplett wieder zurück an Bord – so funktioniert Kommunikation auf Sizilien“, hat Vollmert Stock einmal persönlich die italienische Variante von möglichen und unkomplizierten Problemlösungen miterlebt.

Vollmert Stock – aus dem Sternenviertel in die weite Welt hinaus (Teil 2)
Alles für Djibouti

Am Horn von Afrika – Djibouti

Die Operation „Enduring Freedom“ war die erste und bisher einzige militärische Großoperation im Rahmen des 2001 von den USA ausgerufenen Krieges gegen den Terrorismus. Mit Beschluss vom 16. November 2001 hat der Deutsche Bundestag zugestimmt, dass ebendort bewaffnete deutsche Streitkräfte eingesetzt werden durften. Die deutsche Marine erhielt den Auftrag, sich an „Enduring Freedom“ am Horn von Afrika zu beteiligen. Vollmert Stock gehörte zur ersten kleinen Delegation von Marineangehörigen, die als sogenanntes „Fact Finding Team“ Anfang Januar 2002 unter Führung des damaligen Befehlshabers der Flotte, Vizeadmiral Lutz Feldt, nach Djibouti flogen. „Wir blieben etwa eine Woche in Djibouti. Im Januar ist es dort noch relativ erträglich, die Temperaturen liegen um 30 Grad, die hohe Luftfeuchtigkeit von etwa 75 Prozent im Winter macht den Aufenthalt dennoch nicht sehr angenehm. Wir wohnten im Hotel „Sheraton“, eigentlich eine gute Adresse, doch war nicht nur dort – eigentlich im ganzen Lande – der Ungezieferanteil stets hoch und allgegenwärtig (die ersten vier Stockwerke des besagten Hotels blieben deshalb meistens leer!).“

Vollmert Stock – aus dem Sternenviertel in die weite Welt hinaus (Teil 2)
Djibouti: Eine andere Welt

Später folgten noch mehrere weitere Einsätze für unseren Globetrotter in Djibouti. Die Delegation sollte herausfinden, ob eine Nutzung des Hafens überhaupt möglich war. Dort war durch die potentiellen Nutzer erst einmal eine für europäische Verhältnisse nicht vorhandene Infrastruktur „aus dem Boden zu stampfen“, praktisch jedes benötigte Teil (von der kleinen Schraube bis hin zum LKW und Hubschrauber) musste für teures Geld aus Europa eingeflogen werden.
Später wurden im Hafen von Djibouti fünf deutsche Schnellboote stationiert, die, unterstützt durch den Tender „Donau“, alsbald Ende Januar 2002 mit der Verschiffung der Schnellboote mit „Condock II“ (einem Transportfahrzeug) nach Djibouti verlegten. Die Aufgaben während dieses Einsatzes dort waren die Seeraum­überwachung am Horn von Afrika und sicheres Geleiten von Handelsschiffen entlang der Küste von Somalia. Selbst Hubschrauber (aus Kiel-Holtenau) wurden eingeflogen, die mit einem sogenannten „Super Guppy“ teilzerlegt nach Afrika transportiert wurden.

Eigens für dieses große Transportflugzeug musste im Vorwege der Flugplatz in Djibouti entsprechend hergerichtet werden!
Nachdem dann so ziemlich alle größeren Probleme vor Ort gelöst worden waren, wurde die internationale Presse auf den Einsatz aufmerksam und vor Ort vorstellig. Unser Protagonist musste auf Einladung der Medien für mehrere nationale und internationale TV-Sender vor der Kamera Rede und Antwort stehen. Auch unser deutscher Sender RTL wollte Einzelheiten und Informationen von Vollmert Stock erfragen, der bekannte Moderator Ulrich Klose interviewte ihn dazu. Selbst der bekannteste arabische Sender „Al-Jazeera“, mit Hauptsitz in Doha/Katar, entsandte eine – durchaus attraktive – Moderatorin mitsamt Team in den Hafen am Horn von Afrika, um Vollmert Stock zu interviewen. Auch diese Öffentlichkeitsarbeit meisterte er in gewohnt souveräner Manier.

Vollmert Stock – aus dem Sternenviertel in die weite Welt hinaus (Teil 2)
Vollmert und die einheimischen Verantwortlichen

Ein supergeheimer Auftrag für den „Zoll-Stock“

Kampfdelfine gehörten zu Zeiten des Kalten Krieges zu einem der bestgehüteten militärischen Geheimnisse, um das ein regelrechtes Wettrüsten zwischen der USA und der ehemaligen UdSSR ausbrach. Seit 1959 trainierte die US-Navy wild gefangene „Große Tümmler“ für militärische Zwecke und setzte sie erstmals in der Bucht von Cam Ranh im Vietnamkrieg sowie im ersten Golf-Krieg 1991 ein. Die mit speziellen Nasenwaffen ausgerüsteten Meeressäuger sollten dort feindliche Taucher töten.
Die ehemalige UdSSR zog nach und soll in den Jahren bis zum Zusammenbruch des Riesenreiches 1991 zuletzt sogar über 120 Kampfdelfine im Ausbildungszentrum in Sewastopol verfügt haben.

Im Jahre 2001 erhielt Vollmert Stock seinen wohl ungewöhnlichsten Spezialauftrag. Er sollte für einen reibungslosen Transport von insgesamt vier Del­finen aus den USA nach Deutschland sorgen, diese Tiere letztlich wohlbehalten am Zielort Eckernförde ihrer Bestimmung zuführen. Dass das kein Aprilscherz war, sollte er schon bald erfahren. Er flog folglich zum x-ten Male in die Vereinigten Staaten rüber. Die vier Tiere, bereits von der US-Navy zu „Kampfdelfinen“ ausgebildet, wurden von einer US-Naval-Base in Florida mit zwei US-Militär-Großraumflugzeugen über den Atlantik ins ferne Hamburg geflogen. Die sensiblen und empfindlichen Säugetiere wurden jeweils in einem Spezialbehälter, gefüllt mit entsprechend warmem Atlantikwasser, transportiert. Sie mussten während des gesamten Fluges permanent eingecremt werden, zudem von den sie begleitenden Tierpflegern beruhigt und gewässert werden.

Nach rund neunstündigem Flug endlich in Hamburg angekommen, wurden die beiden Flieger unter strenger Geheimhaltung in einem eigens dafür reservierten und abgeschirmten Teil des Flughafenareals abgestellt – es sollte schließlich kein Außenstehender (Presse, Tierschützer usw.) von der Aktion Wind bekommen. Nach Abwicklung der Einreiseformalitäten (Zoll, Veterinäramt) wurden die Del-
fine in ihren Spezialbehältern nach Eckernförde transportiert, beim Verlassen des Flughafens fuhr man still und heimlich durch das abgelegene Nordtor des Areals Richtung Autobahn.

Vor der Aktion mit den Delfinen war die Entscheidung für Eckernförde unter anderem deshalb gefallen, weil es dort den einzigen Tiefwasserhafen (bis 17,5 Meter an der östlichen Außenmole tief) der Bundesmarine im Ostseeraum gab. Es sollte geprüft werden, ob später einmal mögliche Einsätze von Kampfdelfinen in den Ostseegewässern überhaupt durchführbar sein würden.
Doch bereits im Vorfeld hatte es kritische Stimmen und Einwände gegen diesen Tierversuch gegeben, unter anderem wegen der geringen allgemeinen Wassertiefe in der gesamten Ostsee. Prompt stellte sich schon in den ersten Versuchen heraus, dass die Ostsee tatsächlich ungeeignet für einen möglichen Einsatz von Kampfdelfinen war, die Maßnahme fand so ein baldiges und unrühmliches Ende. Die großen Säugetiere wurden nun recht zügig wieder auf umgekehrtem Wege in ihre Heimat Florida zurückgebracht. Die Tiere haben übrigens diese Odyssee schadlos überstanden.

Vollmert Stock – aus dem Sternenviertel in die weite Welt hinaus (Teil 2)
Djibouti-Delegation, links Vollmert

Desex-Einsatz in Südkorea

Gleich zweimal hatte Vollmert Stock im Jahre 2002 das Vergnügen, die „Crew-Wechsel“ im fernen Südkorea durchzuführen. Mittlerweile bereits ein „alter Hase“ in der Abwicklung dieser Personalaustausch-Aktionen, klappte bei beiden Aktionen alles wie am Schnürchen. Als Besonderheit hat Vollmert Stock beim ersten Einsatz in Südkorea ebendort einen Besuch im Fußballstadion der Hauptstadt in guter Erinnerung. „Mein einziges Live-Erlebnis als Zuschauer bei einem Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft habe ich in Seoul am 25. Juni 2002 gehabt.

Im Halbfinale der gerade laufenden Fußball-WM 2002 standen sich an jenem Abend Deutschland und Südkorea gegenüber. Wir waren auf Einladung der Gastgeber im Stadion und erlebten den deutschen 1:0-Sieg mit Ballacks Treffer live mit. Ein tolles Erlebnis!“
Und er ergänzt: „Auch beim zweiten Besuch in Südkorea erlebte ich Einmaliges: Die Gastgeber luden uns ein zu einer Besichtigungstour zur innerkoreanischen Grenze. Vor Ort an der Demarkationslinie zu stehen war schon ein sehr beklemmendes Erlebnis. Als Deutsche waren wir zwar eine innerstaatliche Grenze wie einst zwischen der BRD und der DDR gewohnt, doch dort an der koreanischen Demarkationslinie, die Südkorea von Nordkorea trennt, erlebten wir am eigenen Leib mit, wie schrecklich eine brüllend laute Indoktrination durch riesige überdimensionale Lautsprecheranlagen sein kann. Die gesamte Zeit über, die wir dort verbrachten, kamen aus den Propaganda-Lautsprechern abwechselnd laute Musik oder Propaganda-Beschallung. Wir waren froh, als wir endlich wieder wegfuhren!“

Vollmert Stock – aus dem Sternenviertel in die weite Welt hinaus (Teil 2)
Fern der Heimat in Seoul

Vor dem Dienstausscheiden Einführung einer gelungenen Sparmaßnahme

Vollmert Stock beendete seine Dienstzeit mit der Versetzung in den Ruhestand im Jahre 2005. Er schied mit dem „Dienstgrad“ „Technischer Amtsinspektor“ aus dem Berufsleben aus! Dass man bei der Marine auch gelegentlich einen Sinn für gepflegten Humor haben und diesen auch prompt in die Tat umsetzen konnte, erlebte er in seinem letzten Dienstjahr im Zusammenspiel mit dem damaligen Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Wolfgang Nolting. Stock und Nolting kannten sich bereits durch einige private Unternehmungen, so waren beide regelmäßige Sauna-Gänger in einer damaligen öffentlichen Sauna im benachbarten Wees.

Nicht nur in jenen Jahren waren Sparmaßnahmen bei der gesamten Truppe ein Dauerthema, so auch bei der Ausstattung der Fahrbereitschaft in Glücksburg-Meierwik. Dort wurde eine streng kontrollierte und budgetierte Nutzung von Dienstfahrzeugen befohlen, was unseren Protagonisten zu einer drastischen Maßnahme veranlasste, die er wie folgt schmunzelnd und augenzwinkernd schildert:
„Eigentlich sind wir unserem heutigen Minister Robert Habeck in Sachen Einsparung von Energieressourcen schon im Jahr 2005 gut 20 Jahre voraus gewesen. Was war passiert? Ganz einfach: Ich habe in meiner Eigenschaft als Verantwortlicher für die Fahrbereitschaft dem Befehlshaber untersagt, für kleinere Dienstfahrten seinen Dienst-PKW zu nutzen.

Als Ersatz-Beförderungsmittel wurde dem Admiral alternativ ein Fahrrad – allerdings eine Luxus-Ausführung – zur Verfügung gestellt.
So konnte er sich nun energiesparend, klimafreundlich und umweltschonend auf den relativ kurzen Dienstweg etwa zur Marineschule in Flensburg-Mürwik machen. Das besagte „Luxus-Dienstfahrrad“ verfügte nach Fertigstellung über eine VIP-Ausstattung, 3-Sterne-Kennzeichnung, 3 Gänge, Satteltaschen – alles nur vom Feinsten. Admiral Nolting spielte das Spiel gerne mit, ließ sich sogar mit dem entsprechenden Gefährt fotografieren! Ungelöst war allerdings noch das Problem, wie denn nun sein Adjutant bei solchen Fahrten transportiert werden sollte (heute würde dieser wohl einen E-Scooter nutzen dürfen).“

Wolfgang Edgar Nolting, 1948 in WHV geb., ist Vizeadmiral a. D. der Marine. Von 2006 bis 2010 war er Inspekteur der Marine.
Er war von 2012 bis Oktober 2021 Vorsitzender der Marine-Offiziers-Vereinigung, wurde 2003 Befehlshaber der Flotte, mit Sitz in Glücksburg-Meierwik.

Vollmert Stock – aus dem Sternenviertel in die weite Welt hinaus (Teil 2)
Belehrung vor dem Abflug

Nette Nachbarschaft im Flensburger Siriusbogen

Zwischen seinen zahllosen Reisen kehrte Vollmert Stock immer wieder gern nach Hause nach Flensburg in den Siriusbogen zurück, sehr zur Freude seiner Familie, Kollegen und auch der Nachbarn, die ihn stets mit einem zünftigen Grillen und einem Flensburger „Kaltgetränk“ bei sich to Huus begrüßten. „Die normale Tätigkeit in meinem Aufgabenbereich nahm ich dann nach erfolgter Rückkehr wieder solange auf, bis mich ein weiterer Auftrag in die weite Welt hinausführte“, weiß Vollmert neben seiner häufigen Reisetätigkeit auch die berufliche Normalität und das gewohnte Familien- und Privatleben zu schätzen.

Ausblick und Gedanken zur „Wehrfähigkeit“

Vollmert Stock ist aus seiner Sicht zu einem richtigen Zeitpunkt aus dem Berufsleben bei der Bundeswehr ausgestiegen. „Nach der Gründung der „BW-Fuhrpark Service GmbH“, das heißt: der Privatisierung des Transportwesens der Bundeswehr, war für mich im Jahre 2005 der richtige und passende Moment gekommen für die Umsetzung des bekannten Satzes: „Time to say Goodbye“. Ich war mittlerweile 62 Jahre alt, hatte bereits im Jahr zuvor, in 2004, mein 40jähriges Dienstjubiläum feiern können, und blickte auf eine durchaus ereignisreiche Zeit zurück. So fiel mir der Schritt in den Ruhestand nach so vielen langen Dienstjahren und zahllosen Erlebnissen nicht schwer.“ Einen Gedanken zur Zukunft der Bundeswehr und unserer nationalen Wehrfähigkeit – auch innerhalb der NATO – kann sich unser Gesprächspartner und Weltenbummler allerdings nicht verkneifen: „Nach der Wende in Jahr 1989 hatten wir in Spitzenzeiten, zusammen mit der ehemaligen Nationalen Volksarmee, fast 700.000 aktive Soldaten unter Waffen. Das Motto lautete damals „Schwerter zu Flugscharen“. Heute sind es (nur noch) rund 185.000 Soldatinnen und Soldaten – und das Motto lautet „Wir müssen kriegstüchtig werden!“ Welch eine Zeitenwende …

Vollmert Stock – aus dem Sternenviertel in die weite Welt hinaus (Teil 2)
Antreten zur Prüfung der Vollzähligkeit vor dem Abflug

Fazit

„Rückblickend kann ich nur feststellen, dass ich Vieles in meinem Leben richtig gemacht habe. Die hier geschilderten Erlebnisse und Abenteuer kann mir keiner nehmen, dabei ist mein Leben auch heute noch durchaus bunt, vielfältig und abwechslungsreich. Der heutigen sowie den nachfolgenden Generationen kann ich nur diesen einen guten Rat geben: Lernt rechtzeitig Sprachen, geht hinaus in die Welt, lasst euch den Wind um die Nase wehen. Kommt anschließend zurück in die Heimat, und genießt und erlebt bewusst unser wunderschönes Zuhause.“

Das Flensburg Journal wünscht Vollmert Stock für die Zukunft weiterhin gute Gesundheit, möge er noch recht lange seine Aktivitäten und Hobbies in der heutigen Zeit genießen dürfen! Wir bedanken uns für ein spannendes und höchst interessantes Gespräch!

Mit Vollmert Stock sprach Peter Feuerschütz
Fotos: privat, Thomas Becker

- WERBUNG -