„Was tun, wenn die Entscheidung der Behörde auf sich warten lässt?“
Wer bei einer Behörde einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts stellt, hat einen Anspruch darauf, dass sein Antrag von der zuständigen Behörde beschieden wird.
Wird beispielsweise eine Baugenehmigung für die Errichtung oder den Umbau eines Einfamilienhauses in Schleswig-Holstein beantragt, hat die zuständige Bauaufsichtsbehörde über den Bauantrag innerhalb der in § 69 Absatz 6 der Landesbauordnung festgelegten Frist von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Bauvorlagen zu entscheiden.
Freilich enthalten nicht alle Gesetze vergleichbare konkrete Fristen, innerhalb derer eine behördliche Entscheidung zu ergehen hat. Fehlt es an einer solchen Regelung, gilt gemäß
§ 75 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), dass die Behörden dazu verpflichtet sind, über den gestellten Antrag „in angemessener Frist“ sachlich zu entscheiden. Als angemessene Frist gilt in Verwaltungsverfahren in aller Regel ein Zeitraum von drei Monaten.
Die Pflicht zur Entscheidung in angemessener Frist gilt dabei nicht nur bei Stellung von Anträgen auf Vornahme von Verwaltungsakten, sondern gemäß § 75 VwGO auch für die Entscheidung über Widersprüche gegen Verwaltungsakte, die Betroffene nicht hinnehmen wollen. Ein langes Warten des Bürgers auf eine Entscheidung der Verwaltung soll damit verhindert werden.
Was aber kann ein Betroffener tun, wenn die Behörde nicht innerhalb angemessener Frist über seinen Antrag oder Widerspruch entscheidet?
Die Erhebung einer Anfechtungsklage, gerichtet auf Aufhebung eines belastenden Verwaltungsakts (Beispiel: Aufhebung eines Gebührenbescheids), oder die Erhebung einer Verpflichtungsklage, gerichtet auf die Verpflichtung der Behörde, den von ihr abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakt zu erlassen (Beispiel: Erteilung einer Genehmigung), kommt in diesen Fällen nicht in Betracht, da die Voraussetzungen für die Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nicht vorliegen. Gemäß § 68 VwGO wäre nämlich zunächst ein behördliches Widerspruchsverfahren zu durchlaufen. Erst wenn das Widerspruchsverfahren aus Sicht des Widerspruchsführers erfolglos war, besteht die Möglichkeit zur Klageerhebung. Solange eine abschließende Entscheidung der Behörde über den gestellten Antrag bzw. den erhobenen Widerspruch jedoch noch aussteht, ist das behördliche Verfahren noch nicht beendet und die Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage folglich unzulässig.
Die Lösung, um sich gegen das Nichtstun der Behörde zur Wehr zu setzen, liegt hier in der Erhebung einer sog. Untätigkeitsklage. Sie ist gemäß
§ 75 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Der Kläger kann in diesen Fällen unter Auslassung des Widerspruchsverfahrens bzw. des Bescheides der Ausgangsbehörde sogleich Klage erheben (z. B. mit dem Ziel, den Ausgangsbescheid aufzuheben bzw. die Behörde zu verpflichten, einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen).
Voraussetzung der Untätigkeitsklage ist, dass über den Widerspruch innerhalb von drei Monaten nach seiner Einlegung noch nicht entschieden wurde, oder dass der beantragte Verwaltungsakt in dieser Frist noch nicht vorgenommen wurde, obwohl die Behörde über den Antrag oder den Widerspruch entscheiden könnte. Ist dies der Fall, so kann unter Auslassung des Widerspruchsverfahrens bzw. des Bescheides der Ausgangsbehörde sogleich Klage erhoben werden.
Liegt indes ein zureichender Grund für die Nichtentscheidung vor, setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus. Ein zureichender Grund für eine Nichtentscheidung dürfte beispielsweise vorliegen, wenn für die Entscheidung der Behörde noch erforderliche Unterlagen fehlen, die Sach- und Rechtslage besondere Schwierigkeiten aufweist und komplex ist oder noch Dritte beteiligt werden müssen. Indes kann sich die Behörde nicht auf Verzögerungen berufen, die in ihrer Organisationsverantwortung liegen. Personalmangel, Urlaub des zuständigen Sachbearbeiters und ähnliche Gründe reichen als Rechtfertigungsgründe für die Verzögerung bei der Entscheidung nicht aus.
Die Kosten für die Erhebung der Untätigkeitsklage werden gemäß § 161 Abs. 3 VwGO stets dem Beklagten auferlegt, wenn der Kläger vor der Klageerhebung mit einer Bescheidung rechnen durfte.
Bei der Frage, ob der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um eine Untätigkeitsklage zu erheben, sind die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. Eine anwaltliche Beratung kann hierbei hilfreich sein, gerade auch in Bezug auf den im Falle der Klageerhebung zu stellenden Antrag.
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