Die diesjährige Sonderausstellung des Naturwissenschaftlichen Museums Flensburg
Die Stadt Flensburg hat mehr Schätze anzubieten und vorzuzeigen, als allgemein angenommen wird. Eine dieser „Schatzkammern“ thront hoch über der Stadt, ein jeder kennt wohl den Anblick, wenn man mal die Rathausstraße hochgegangen ist: Der Museumsberg!
Auf diesem Berg thront das Museum, doch eigentlich sind es ja gleich zwei Museen nebeneinander …
Die Geschichte des Museums
Das Naturwissenschaftliche Museum ist eines der größten Naturkundemuseen Schleswig-Holsteins. Es geht auf die Initiative des Flensburger Lehrers Hans Philippsen zurück. Die Stadt Flensburg beauftragte seinerzeit Philippsen, seine Sammlung zunächst für Lehrer und Schulklassen im Zeichensaal der Flensburger Waldschule aufzubauen. Im November 1924 wurde im oberen Stockwerk der Waldschule die Geologische Heimatsammlung eröffnet. Nach dem Erwerb weiterer Sammlungen erfolgte im Oktober 1925 die Eröffnung des Naturwissenschaftlichen Museums. Im Jahr 1937 zog das Museum um in das Gebäude der Flensburger Freimaurerloge am Nordergraben.
Nach dem 2. Weltkrieg musste sich das Museum mittelfristig nach einer neuen Bleibe umsehen. Sie wurde im Erdgeschoss des damaligen Stadtbücherei-Gebäudes am Süderhofenden gefunden. Ab 1962 war dort die neue aufgestellte Dauerausstellung zu besichtigen. Im Jahre 1997 musste das Museum wegen der Erweiterung der Bibliotheksflächen weichen und zog auf den Museumsberg, wo es das Erdgeschoss des Städtischen Museums (Heinrich-Sauermann-Haus) bezog. Die neu gestaltete Dauerausstellung wurde 2001 eröffnet. Der Name des Museums wurde in „Naturwissenschaftliches Museum“ geändert.
Das Naturwissenschaftliche Museum heute
Das Haus vereint unter seinem Dach gleich mehrere Schwerpunktbereiche: Neben der schon erwähnten Dauerausstellung finden regelmäßig weitere Ausstellungen statt – wobei als absolutes „Highlight“ einmal in jedem Kalenderjahr eine große Sonderausstellung präsentiert wird.
Die Dauerausstellung
Die Themenschwerpunkte der Dauerausstellung sind zum einen die Eiszeiten – ohne die unser schönes heutiges Flensburg wohl nicht existieren würde, zum anderen sind es die vielfältigen heimischen Lebensräume. So durchstreift man bei einem Rundgang durch die Dauerausstellung den Strand, die Moore, Wiesen und Felder, den Wald und die Stadtnatur. Tolle und einmalige Präparate, zahlreiche vergrößerte Modelle von winzigen Tieren, dazu diverse Rätsel- und Entdeckerstationen sorgen für einen spannenden Besuch.
„Das Eiszeit-Haus, unser Schaumagazin für Fossilien, Gesteine und steinzeitliche Werkzeuge, ist augenblicklich wegen Baumaßnahmen geschlossen, wir arbeiten aber mit Hochdruck und hoffen auf eine Wiedereröffnung im Laufe des Jahres“, erzählt uns Kerstin Meise. Die Diplom-Biologin ist übrigens seit dem 19.01.2022 die neue Leiterin des Naturwissenschaftlichen Museums. Sie ergänzt: „Als Umweltbildungszentrum bietet unser Haus maßgeschneiderte Angebote nach Absprache für verschiedene Zielgruppen zu unseren Themenschwerpunkten inklusive Klimawandel an – sowohl für drinnen als auch für draußen (unter www.umweltbildungszentrum-flensburg.de). Daneben bieten wir in den Schulferien spannende und abwechslungsreiche Mitmachaktionen für Kinder an. Das entsprechende Programm finden Interessierte unter www.naturwissenschaftliches-museum.de.
Sonderausstellung „Faszination Schmetterling – Tier, Kunstwerk, Symbol“
Die diesjährige Sonderausstellung ist zugänglich und geöffnet für das Publikum vom 14. Mai bis einschließlich 17. September 2023. Sie wird als eine gemeinsame Ausstellung des Museumsbergs Flensburg als Museum für Kunst und Kulturgeschichte und des Naturwissenschaftlichen Museums Flensburg durchgeführt. Auch die Künstlerin Anne Dingkuhn ist als Co-Kuratorin beteiligt.
Die Ausstellung befasst sich sowohl mit dem biologischen („naturwissenschaftlicher Anteil“) Wissen um die Tiere als auch mit den kunsthistorischen und kulturgeschichtlichen Aspekten des Themas „Schmetterlinge“.
Die naturwissenschaftliche Seite der Schmetterlinge
Das Naturwissenschaftliche Museum lässt die Besucher eintauchen in die enorme (auch thematische) Vielfalt der heimischen Schmetterlinge. Es werden die Unterschiede zwischen Tag- und Nachtfaltern (über 90 % unserer Schmetterlinge sind nachtaktiv) erklärt. Um die Nachtfalter in ihrem Lebensraum besser kennenzulernen, wird es im September (am 8.9.) gemeinsam mit der Stiftung Naturschutz eine Nachtschwärmer-Tour durch Flensburg geben.
Schmetterlinge gehören zur Gattung der Insekten. Sie bilden mit knapp 160.000 beschriebenen Arten, etwa 130 Familien und 46 Überfamilien zusammen mit den Zweiflüglern nach den Käfern die artenreichste Insekten-Ordnung. Sie sind Meister der Verwandlung mit sehr unterschiedlichen Lebensphasen (Ei-Raupe-Puppe-Falter).
Schmetterlinge haben viele weitere verblüffende Fähigkeiten. So gibt es die Wanderfalter, wie die Gamma-Eule oder den Distelfalter, die ähnlich wie Zugvögel nur die warme Jahreszeit bei uns verbringen. Oder es gibt Falter wie das Nachtpfauenauge, wo das Männchen so gut riechen kann, dass es ein Weibchen auf mehrere Kilometer Entfernung erschnuppern kann! Viele weitere verblüffende Beispiele werden in der Ausstellung präsentiert!
„Wir haben auch einige lebende Raupen in der Ausstellung zu Gast“, verrät uns Kerstin Meise. „Diese Wesen kann man beim Futtern beobachten – und bei wiederholten Besuchen im Museum kann man sogar das Wachsen der Raupe, die Verpuppung und den Schlupf des Falters beobachten. Und mit Glück beim Freilassen des Falters behilflich sein.“ Aber das ist längst noch nicht alles, was den Besuchern geboten wird. So können die Gäste an einer Mikroskopierstation selbst den Falter-Körper erforschen. Natürlich geht es in der Ausstellung auch um die Bedeutung der Schmetterlinge für die Ökosysteme und um die Gefährdung der Schmetterlinge. Dadurch, dass ihre Lebensstadien sehr unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum stellen, benötigen die allermeisten Arten qualitativ gute und vielschichtige Lebensräume, die es in unserer heutigen, meist aufgeräumten Landschaft immer weniger gibt. „Weitere Gefährdungsursachen sind der Einsatz von Giften, die Überdüngung und die immer stärkere Lichtverschmutzung“, so Kerstin Meise. „Aber wie können wir Schmetterlinge für zukünftige Generationen bewahren? Was kann jeder Einzelne beitragen, auch mit kleinen, einfach umzusetzenden Beiträgen? Dieser Frage möchten wir in Interaktion mit den Ausstellungsbesuchern auf den Grund gehen und gemeinsam Ideen und Inspiration sammeln.
Nicht nur wir Biologen finden: Schmetterlinge beobachten bringt Spaß! Daher rufen wir auf, die Augen offen zu halten, und im Rahmen eines bürgerwissenschaftlichen Projekts Falter- und Raupenfunde zu melden.“
Die Ausstellung lädt also dazu ein, Schmetterlinge zum einen auf Kunstwerken, zum anderen aber auch unter dem Mikroskop und in Sammlungskästen zu entdecken, hält zudem ein attraktives Rahmenprogramm bereit. Sie bietet eine einmalige Möglichkeit, den einheimischen Schmetterlingen in und um Flensburg nahe zu kommen. Wir meinen: Bestens geeignet für junge und alte Schmetterlingsfreunde und solche, die es werden wollen!
Tipp der Museumsleiterin Kerstin Meise zu einer laufenden Ausstellung
„Grünes Gold“
„So lautet der Titel dieser besonderen Ausstellung. Dabei dreht es sich um Pflanzen, die Migrantinnen aus ihrer arabischen Heimat mitgebracht haben bzw. kennen: Es handelt sich um ein Modellprojekt des Naturwissenschaftlichen Museums mit der Aktionsgemeinschaft WIN-Weiche und der Flüchtlingshilfe Flensburg zur Integration von Flüchtlingen. Siebzehn Frauen aus vier Ländern stellen Nutzpflanzen ihrer Heimat vor. Die Damen haben sich jeweils solche Nutzpflanzen ihrer Herkunftsländer gewählt, mit denen sie sich auf besondere Art verbunden fühlen. So ist die Ausstellung insgesamt sehr berührend und persönlich geworden. Bereichert werden die Poster (die die jeweilige Pflanze, die Migrantinnen und die Nutzung kurz vorstellen) von passenden Objekten, zum Beispiel einem Gerät zum Formen für Falafeln. Die Migrantinnen haben ungefähr ein Jahr an der Ausstellung gearbeitet und stehen nach Absprache für persönliche Führungen sehr gern zur Verfügung. Diese Sonderausstellung ist aktuell in unsere Dauerausstellung integriert und wird – so ist es geplant – bis auf weiteres, mindestens bis zum Herbst, zu sehen sein“, so Kerstin Meise.
Fazit
Wie eingangs im Artikel erwähnt, entpuppen sich nicht nur die Schmetterlinge in der diesjährigen Sonderausstellung, sondern auch das Naturwissenschaftliche Museum Flensburg als eine wahre „Schatzkammer“ unserer Stadt – wir haben gewissermaßen den Deckel der riesigen Schatztruhe ein wenig gelüftet, um unseren Lesern einfach einmal einen kleinen Einblick in das Programm des Museumsjahres 2023 zu gewähren und sie so „lecker zu machen“ für einen oder mehrere Besuche des Flensburger Naturwissenschaftlichen Museums.
Mit Kerstin Meise sprach Peter Feuerschütz
Fotos: Naturwissenschaftliches Museum