Die Antwort ist einfach: Bei gesetzlicher Erbfolge in bestimmten Familienkonstellationen oder wenn Geschwister testamentarisch bedacht worden sind!
Trotzdem führen Irrtümer und Missverständnisse immer wieder dazu, dass einerseits im Erbfall vermeidbare Streitigkeiten mit unliebsamen Verwandten geführt werden müssen, andererseits aber auch völlig unnötige Ängste geschürt werden. Dies gilt es aufzuklären:
Bei gesetzlicher Erbfolge, wenn der Verstorbene also kein Testament hinterlassen hat, sind gesetzliche Erben nur sein Ehepartner und seine Kinder.
Anders ist es, wenn der Verstorbene keine Kinder hatte, also ohne Hinterlassung von Abkömmlingen verstorben ist. In diesem Fall erben neben dem Ehepartner die Eltern des Verstorbenen und, sofern diese bereits vorverstorben sind, deren Abkömmlinge, also die Geschwister des Verstorbenen ¼ der Erbschaft.
Dies führt immer wieder zu unerfreulichen und traurigen Situationen, wenn der Witwer/die Witwe meint, von Gesetzes wegen durch die Heirat Alleinerbe seines verstorbenen Ehepartners zu sein und wir bei der Beratung, spätestens bei der Formulierung des Erbscheinsantrages, darauf hinweisen müssen, dass mangels Kinder gesetzliche Miterben auch die Geschwister bzw. Nichten und Neffen des Verstorbenen mit einer Quote von ¼ geworden sind. Wenn dann diese Geschwister schon alt und dement sind und von ihren Kindern, den Nichten und Neffen des Verstorbenen, in dieser Erbangelegenheit vertreten werden oder auch durch Vorversterben der Geschwister Nichten und Neffen direkte Miterben geworden sind, ist oft kein gutes familiäres Miteinander mehr möglich, und es beginnt der Streit um das Geld, um die Höhe des Nachlasses und der Druck, das in die Erbmasse fallende Einfamilienhaus, in dem die Eheleute jahrzehntelang gelebt haben, verkaufen zu müssen, um die an der Erbschaft mit ¼ beteiligten Geschwister bzw. Nichten und Neffen finanziell abfinden zu können.
Auch wenn der Verstorbene nicht verheiratet war und keine Kinder hatte, sind gesetzliche Erben die Eltern des Verstorbenen und deren Abkömmlinge, also die Geschwister, als Erben zweiter Ordnung.
Umgehen kann jeder diese Rechtslage dadurch, dass ein formwirksames Testament errichtet wird, in dem die Eheleute sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen oder der Ledige bzw. Witwer die Personen als seine Erben beruft, die er auch tatsächlich als Erben einsetzen möchte, unabhängig von einem eventuellen Verwandtschaftsverhältnis.
Durch ein solches Testament wird die gesetzliche Erbfolge außer Kraft gesetzt, und das gesetzliche Erbrecht der Geschwister entfällt.
Nach wie vor ist in diesen Fällen der Irrglaube weit verbreitet, dass dann die Geschwister oder, sofern die Geschwister des Verstorbenen ebenfalls bereits verstorben sind, seine Nichten und Neffen Pflichtteilsansprüche hätten, wenn sie durch eine andere Erbeinsetzung im Testament von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden. Dies ist falsch! Geschwister des Verstorbenen und deren Abkömmlinge, also auch die Nichten und Neffen, haben keinen Pflichtteilsanspruch und müssen ein Testament, durch das sie von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden, entschädigungslos hinnehmen. Nur Witwe/Witwer und Kinder des Verstorbenen bzw., wenn Kinder nicht vorhanden sind, die noch lebenden Eltern des Verstorbenen, haben Pflichtteilsansprüche, nicht aber die Geschwister.

Rechtsanwältin und Notarin Ulrike Czubayko
Fachanwältin für Erbrecht
Fachanwältin für Familienrecht in der Kanzlei KH&S Dr. Kruse,Hansen & Sielaff Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Rechtsanwälte, Fachanwälte, Notare,
Stuhrsallee 35, 24937 Flensburg
Tel. 0461 - 5 20 77 0

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