Ein Schild „Dorfmuseum“ ist an einen alten Holz-Blockwagen angelehnt. An der Fassade hängt das Rad einer Pferdekutsche. Ein Grenzstein des früheren Landkreises Flensburg-Land lotst die Besucher in das Dorfmuseum auf dem Handewitter Kirchberg – und damit in längst vergangene Zeiten. Sofort nach dem Betreten der Räumlichkeiten begegnen dem Gast historische, landwirtschaftliche Geräte und alte Wappen. Dann wähnt man sich in einer großen Wohnung aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Heimatgeschichte zum Anfassen!
Das Herzstück ist die „beste Stuuv“. Dort finden auch kleine Veranstaltungen wie Lesungen in plattdeutscher Sprache statt. Schlafkammer, Näh- und Handwerksraum, Speisezimmer und Küche sind ebenso thematisiert. Ganz am Ende fällt der Friseur-Salon ins Auge. Der nostalgische Arbeitsplatz soll im November nach Kiel – für eine Ausstellung im Landeshaus. Insgesamt zeigt das Dorfmuseum 500 Exponate. Die Quellen lassen sich ganz kurz so beschreiben: geschenkt, gesammelt oder geliehen! Manchmal gehen auch Geldspenden ein. So wurde eine Standuhr angeschafft – als „Hingucker“ für die „beste Stuuv“.
Die Diele beherbergt jährlich eine Sonderausstellung. Noch den September durch heißt es auf dem Handewitter Kirchberg: „Wie man sich bettet, so schläft man.“ Etliche Exponate zeigen, wie sich die Nachtruhe zu Omas Jugendzeiten gestaltete. Voluminöse Kissen und schlichte Unterbetten sind ebenso Blickfänge wie die Wärmflasche oder die Bettpfanne. Und eine Schaufensterpuppe trägt einen Morgenmantel, der vom Großvater stammen könnte.
Wie es früher einmal war. Für einen solchen Trip möchte das Dorfmuseum auch Kinder und Jugendliche begeistern. Sie staunen über das alte schwarze Telefon. „Die Kinder greifen nach dem Hörer, aber mit der Wählscheibe können sie zunächst nichts anfangen und tippen nur auf die Zahlen“, erzählt die Dorfmuseums-Vorsitzende Sabine Johannsen. „Wenn sie dann aber den Kniff raushaben, kommen sie von der Drehscheibe gar nicht mehr weg.“
Seit gefühlten Ewigkeiten beteiligt sich das Museums-Team auch an der Ferienpass-Aktion der Gemeinde Handewitt und zieht dafür seit 2019 ins Naturklassen-Zimmer in Handewitt-West. „Vom Korn zum Brot“, lautet dann das Motto. Junge Hände kneten Teig aus Roggen, Gerste und Weizen. Dann backen die Kinder unter Anleitung ein Bauernbrot. „Wir hoffen, dass sie durch unsere Aktion erkennen, welchen Wert das Lebensmittel Brot hat und es in der Schule weniger im Müll landet“, erklärt Sabine Johannsen.
Sie und ihre Mitstreiter verlassen gerne ihren Stammsitz auf dem Kirchberg. Bei einem Umzug durch das Dorf laufen sie mit historischem Equipment mit, beim letzten Gemeindefest zogen Teile der „besten Stuuv“ in die Wikinghalle. Und als der Maibaum an der Siegfried-Lenz-Schule aufgestellt wurde, weckten einige alte Kinderwagen das Interesse etlicher Zeitgenossen.
Dort schlug vor über drei Dekaden auch die „Stunde null“ für das Dorfmuseum. Es stand noch die Berliner Mauer, als sich 1989 aus dem Handewitter Landfrauenverein heraus ein Arbeitskreis „Heimatkundliche Sammlung“ gründete und dieser eine erste Ausstellung in den Räumlichkeiten der ehemaligen Sonderschule organisierte. Treibende Kraft war damals Käte Petersen. Sie musste einige Rückschläge verdauen: Die Schule expandierte, sodass die Sammlung mehrmals umziehen musste und zeitweise sogar heimatlos war.
Seit 2001 residiert das Dorfmuseum auf dem Kirchberg – in der ehemaligen Handewitter Dorfschule. Die Gemeinde hat die Räumlichkeiten angemietet. 2008 erfolgte sogar eine Erweiterung. Die Beliebtheit wuchs. Es wird von der „Perle der Geest“, von einer „nostalgischen Oase“ oder von einem „Schmuckkästchen“ gesprochen. Vor gut 20 Jahren gründete sich ein Förderverein, aus dem sich wiederum ein Arbeitskreis, bestehend aus neun Frauen und einem Mann, rekrutiert. „Ich liebe alte Dinge und bewundere die Wertschätzung, die die Menschen damals ihren Möbeln oder den Tätigkeiten im Haushalt entgegengebracht haben“, erklärt die emsige Vorsitzende Sabine Johannsen.
Für den landesweiten „Tag der kleinen Museen“ am 28. August hat sich das Dorfmuseum etwas Besonderes einfallen lassen. Zwischen 11 und 18 Uhr wird gezeigt, wie man Weißwäsche richtig wäscht. Waschkübel, Schruppbrett, Kernseife und altes Waschmittel stehen bereit. Normalerweise kann das Handewitter Dorfmuseum jeden Samstag von 15 bis 17 Uhr sowie jeden zweiten Donnerstag im Monat – also das nächste Mal am 11. August – besucht werden.
Text und Fotos: Jan Kirschner