20 Jahre im Profi-Handball – es gibt nicht viele Spieler, die so lange durchhalten. Marko Kopljar hat es geschafft. Doch zuletzt hatte es so ausgesehen, dass seine Karriere bereits beendet wäre. Im Sommer war sein Vertrag bei den Füchsen Berlin ausgelaufen. Der 39-jährige Kroate trainierte auf eigene Initiative weiter. Als sich das Transferfenster für normale Vereinswechsel schloss und die Aktien der vereinslosen Akteure stiegen, orakelte er: „Flensburg wird sich melden!“ Das geschah kurze Zeit später wirklich. „Wir mussten nicht lange reden, ich hatte nur meine Familie zu fragen“, erzählt Marko Kopljar. Anfang März trocknete die Tinte auf einem Vertrag der SG Flensburg-Handewitt.
Erst mit 14 Jahren zum Handball
Der routinierte Neuzugang stammt aus dem Osten Kroatiens, aus einer Region, die sich „Goldenes Tal“ nennt. 1986 wurde er in Pozega geboren. Eine Kleinstadt, die damals guter Wein, eine Schokoladen-Fabrik und ein starkes Frauenhandball-Team prägten. Die ältere Schwester hatte Talent und meinte zu ihrem Bruder, als dieser 14 Jahre alt und besonders dürr war, dass er es mit Handball probieren solle, um etwas Muskeln und Kraft aufzubauen. Marko Kopljar griff tatsächlich zum Ball. „Ich habe mich dann in den Handball verliebt“, schmunzelt er.

Mit 18 Jahren ging er nach Zagreb. Er studierte Ökonomie und spielte parallel bei Medveszak Zagreb. Nach einem Jahr bekam er seinen ersten Profi-Vertrag. Die Weichen wurden auf Leistungssport gestellt. Als der Linkshänder für ein halbes Jahr nach Dakovo ausgeliehen wurde, lernte er seine Frau Iva kennen: Sie ist die Schwester des kroatischen Top-Handballers Domagoj Duvnjak, der seit einer Dekade beim THW Kiel ist. „Richtig kennengelernt habe ich Iva aber erst in Zagreb“, erzählt Marko Kopljar. „Domagoj und ich spielten beide für den RK, wohnten damals nur 200 Meter auseinander und haben viel gemeinsam unternommen.“
Titel und besonderes Amt im Nationalteam
Der 2,10 Meter lange Spieler gehörte bald auch zu den größten Handballern seines Landes. 152 Länderspiele zieren seine Laufbahn, die mit sechs Medaillen gekrönt wurden: Silber und Bronze bei den Olympischen Spielen sowie Welt- und Europameisterschaften. Eine schöne Sammlung, die heute die Mutter hütet. Gold fehlt, und auch nach so vielen Jahren denkt Marko Kopljar manchmal darüber nach, wann sogar ein Titel möglich gewesen wäre. „2009 bei der Heim-Weltmeisterschaft spielten wir im Endspiel, Frankreich war aber einfach zu stark“, erinnert er sich. „Auch 2010 in Österreich trafen wir auf Frankreich. Vielleicht haben wir da im Halbfinale gegen Polen zu viel Kraft gelassen.“
Von 2015 bis 2017 war Marko Kopljar sogar der Kapitän der kroatischen Nationalmannschaft. „Lange war es mein Traum, überhaupt für die Nationalmannschaft zu spielen, dann war ich sogar ihr Kapitän“, zeigt er sich noch immer stolz. Dieses Amt war allerdings auch mit einigen zusätzlichen Aufgaben verbunden. Er hatte mehr Gespräche im Team und redete viel mit Fans und Sponsoren. Und wenn ein Spiel mit einer enttäuschenden Niederlage endete, war es der Kapitän, der sich den Journalisten stellte.

Im Ausland nur für Top-Klubs
Nicht nur über das Nationalteam auch über seine Vereine hatte Marko Kopljar viel internationale Erfahrung getankt. 2012 hatte er seine Heimat verlassen, um im Ausland mit seinem Sport Geld zu verdienen und mit Top-Teams auf Titeljagd zu gehen. Seine erste Station war Paris Saint-Germain HB. „Dieser Klub begann erst damit, eine starke Mannschaft aufzubauen“, berichtet der Linkshänder. „Uns wurde nur Platz zwei oder drei zugetraut. Wir gewannen dann aber jedes Spiel und verloren erst im April das erste Mal.“
Der FC Barcelona, Telekom Veszprém und Füchse Berlin folgten in den nächsten Jahren. Der Traum vom Triumph in der Champions League blieb unerfüllt, mit den Füchsen feierte Marko Koplar aber zwei Mal den Sieg in der European League – das zweite Mal sogar in Flensburg. „Jede Station hatte ihre Reize“, bilanziert der 39-Jährige. „In Veszprém waren die lautesten Fans, und es war dort sehr familiär. In Barcelona waren das Essen und das Wetter am besten, und in Berlin habe ich meine Kinder aufwachsen sehen.“
Die letzten Monate einer langen Karriere?
Im Sommer schien die Karriere beendet. Der Profi war plötzlich Privatier. Er konnte wesentlich mehr Zeit mit seinen Kindern verbringen. Er hielt sich fit, lief viel und spielte aus Spaß etwas Fußball und Basketball. „Im Januar habe ich angefangen, intensiver zu trainieren“, verrät Marko Kopljar. „Ich glaubte, dass ich zur Rückrunde noch einen Verein finden würde.“ Ende Februar, als die SG den längerfristigen Ausfall von Kay Smits verkündet hatte, meldet sich plötzlich Ljubomir Vranjes, der Sportliche Leiter der SG. Beide Seiten waren sich schnell einig.

Der Neuzugang bezog ein Appartement in der „Flensburg-Akademie“ und hatte in den ersten Tagen einen hohen handballerischen Input zu verarbeiten. Beim Heimspiel gegen Gummersbach saß er erstmals auf der Bank, im Derby gegen Kiel hatte er seinen ersten Kurzeinsatz. Seine erste statistische Auffälligkeit: eine Zeitstrafe. Nach dem Schlusspfiff war er mittendrin in den Feierlichkeiten. „Als ich hier mit den Füchsen Berlin war, hatte mich die Atmosphäre schon beeindruckt“, schwärmt Marko Kopljar. „Das Landesderby war noch einmal eine deutliche Steigerung.“ Bis Juni ist er nun SG Handballer. Was danach kommt, weiß er noch nicht: das Karriereende?
Text und Fotos: Jan Kirschner