Am 15.01.2023 begann die aktuelle Amtszeit von Herrn Dr. Geyer als OB der Stadt Flensburg. Ein Drittel der Amtszeit als Oberbürgermeister der kreisfreien Stadt Flensburg ist bereits vergangen, Zeit um ein Fazit seiner bisherigen Tätigkeit zu ziehen und einen Ausblick auf die kommenden Jahre zu wagen.
Fragen an OB Geyer
Sie sind nun seit knapp zwei Jahren im Amt. Welche Ihrer anfangs gesteckten Ziele haben Sie bereits erreicht?
Nach einer intensiven Orientierungsphase, in der ich Verwaltung und Abläufe und deren Logik kennenlernen durfte, habe ich eine weitreichende Verwaltungsreform auf den Weg gebracht, die dafür Sorge tragen soll, unsere Themen noch besser und effektiver abarbeiten zu können. Ein echter Kraftakt. Die Kolleginnen und Kollegen machen gute Arbeit unter z. T. schwierigen Bedingungen. Wenn die Reform im Jahr 2025 in Kraft tritt, werden zahlreiche neue Schnittstellen zwischen den Bereichen optimiert und auch der Bereich Kommunikation neu gedacht.
Welche Projekte wollen Sie noch in Ihrer Amtszeit in Angriff nehmen?
Eines der wichtigsten Projekte, die in unserer Stadt anstehen, ist die Entwicklung des Hafen Ost. Ich möchte endlich, dass der gordische Knoten durchschlagen wird und wir gemeinsam mit dem Land einen guten Weg für die Zukunft finden. Dabei muss die Absicherung eines Hafenbetriebes in Flensburg genauso im Mittelpunkt stehen wie die geplante Schaffung von Wohnraum. Da müssen wir vorankommen, und ich stehe in engem Kontakt mit dem Wirtschaftsministerium. Ein zweites wichtiges Thema ist die durch den Sturm zerstörte Kaikante, die zunächst ersetzt und dann auch hochwassertauglich neu aufgebaut werden muss. In den nächsten Jahren werden wir die gesamte Schiffbrücke neugestalten müssen.
Wo sehen Sie Flensburgs Schwächen und wo die Stärken?
Flensburg ist eine wachsende Stadt. Das ist schon mal eine gute Ausgangslage für die zukünftige Entwicklung unserer Stadt. Allerdings bringt dies auch Herausforderungen mit sich, wie den Bedarf an Arbeitsplätzen, Schul- und Wohnraum. Hier müssen wir also am Ball bleiben.
Von großer Bedeutung ist auch unsere Lage in der Nachbarschaft zu Dänemark. Hier ist viel Potential, das wir pflegen müssen. Sowohl in wirtschaftlicher als auch in kultureller Hinsicht. Und natürlich ist unsere Lage an der Förde eine der großen Stärken unserer Stadt. Deshalb baue ich eine Partnerschaft mit der dänischen Stadt Esbjerg auf.
Gibt es ein Verkehrskonzept für den Innenstadtbereich für die kommenden 10 Jahre?
Die Ratsversammlung hat im Jahr 2018 mit dem Masterplan Mobilität ein Konzept beschlossen, das die Verkehre in unserer Stadt zukunftsfähig gestalten soll und das nach wie vor gilt. Ein Teil der Maßnahmen ist umgesetzt, andere sollen folgen. Gleichzeitig ist es wichtig, die Maßnahmen fortlaufend mit den aktuellen Entwicklungen abzugleichen. Insgesamt werbe ich für eine langfristige Konzeption, die alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen berücksichtigt.
Wie werden Sie in Flensburg neue Arbeitsplätze schaffen?
Hier kommt es vor allem auf gute Rahmenbedingungen an. Dabei geht es einerseits um Infrastruktur, andererseits um Attraktivität für Mitarbeitende. Zusammen mit unserer Wirtschafts- und Regionalentwicklungsgesellschaft (WiREG) halte ich einen engen Kontakt zu den Unternehmen in unserer Stadt, denn die Bestandspflege ist mindestens genauso wichtig wie die Neuansiedlung, die in unserer flächenmäßig limitierten Stadt immer mit großen Herausforderungen verbunden ist. Trotzdem erschließen wir derzeit ein neues Gewerbegebiet und setzen auf die interkommunale Zusammenarbeit mit Handewitt und Harrislee.
Haben Sie Vorstellungen oder gar Pläne, wie die Bundeswehr und ihre Verwaltung auch nach einer kommenden Strukturreform möglichst stark und zahlreich an ihren Standorten Flensburg und Glücksburg erhalten werden kann?
Ich freue mich über die Bundeswehrstandorte in unserer Stadt und bin mir sicher, dass wir in Flensburg auch gute Bedingungen bieten. Über den Erhalt und die Ansiedlung von Standorten entscheiden kann allerdings nur das Bundesverteidigungsministerium.
Sind Sie Mitglied in einem Flensburger Sportverein?
Ich treibe aktiv Sport im Tennisclub Mürwik e. V. Außerdem bin ich Mitglied im Angelverein ASV Petri Heil e. V. Der organisierte Sport ist eine wichtige Stimme in der Stadt. Es muss in unserem Interesse liegen, dass wir den Menschen hier gute Bedingungen bieten, um sich gemeinsam sportlich und ehrenamtlich zu betätigen.
Wie gedenken Sie des „Volkes Meinung“ zu erfahren? (Bürgerbefragungen, Runde Tische, Offene Fragestunde usw.)
Seit Mitte letzten Jahres biete ich mit „Klönschnack und Klartext“ regelmäßige Bürgersprechstunden an, in denen ich mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meiner Verwaltung Rede und Antwort stehe. Bereits Anfang Januar gibt es den nächsten Termin. Die bisherigen Veranstaltungen waren sehr gut besucht und von einer großen Themenvielfalt geprägt.
Was gedenken Sie zu tun, um das allgemeine Selbstwertgefühl des Flensburgers zu festigen, damit er erkennt, in welch einer schönen und liebenswerten Stadt er eigentlich lebt? (Flensburger neigen dazu, sich selbst und ihre Stadt klein zu reden …).
Flensburg ist wunderbar. Die meisten Menschen, die zu uns kommen, teilen diesen Eindruck und äußern dies auch. Einige bleiben auch, so wie ich vor 20 Jahren. Die Flensburger selbst neigen jedoch aus meiner Sicht eher zur norddeutschen Zurückhaltung. Da jeder von uns auch in gewisser Weise ein Flensburg-Botschafter ist, kommt es darauf an, immer wieder zu erzählen, wie schön unsere Stadt ist. Als Verwaltung müssen wir dann dafür sorgen, dass sie schön bleibt oder hier und da noch schöner wird.
Warum finden keine Anwohnerbefragungen bei Projekten wie „Zusätzliche Fahrradspur Mürwiker Straße“ statt? Stattdessen werden (vermutlich) teure Gutachten in Auftrag gegeben, an (teils weit entfernte) Externe vergeben?
Im Rahmen nahezu jeder Planung finden Bürgerbeteiligungen statt, die mit in die Abwägungen einfließen. Dabei werden Bürgerinnen und Bürger direkt befragt. Gleichzeitig ist es wichtig, fundierte Erkenntnisse in die Planungen mit einzubeziehen um diese nachhaltig voranzubringen. Hierzu gehören die Erhebung von Verkehrszahlen und die Begutachtung der einzelnen Sachverhalte vor Ort durch Experten. Denn gerade Verkehrsplanungen sind komplexe Angelegenheiten, die letztendlich nur mit entsprechender Sachkenntnis entworfen werden können. Zumal auch die Rechtssicherheit der Planungen wichtig ist.
Wann wird es eine finale Entscheidung zur Zukunft des „Wirtschaftshafens Ost“ geben? Weiterführung oder doch Wohnbebauung?
Gerade haben wir das letzte Gutachten in Sachen Logistik und Lärmemissionen erhalten und warten nun auf einen zeitnahen Termin, um die Ergebnisse mit dem Land zu besprechen. Aus unserer Sicht enthält das Gutachten wichtige Hinweise, die wir unbedingt in den Prozess einbringen wollen. Mir kommt es vor allem auf das Gesamtpaket an, so dass wir alle Nutzungen gut unterbringen können. Ich bin zuversichtlich, dass wir uns im Anschluss über die weiteren Schritte einigen können. Eine Entscheidung in Sachen Hafen Ost ist also absehbar.
Ist ein OB „reiner Erfüllungsgehilfe“ der Kommunalpolitik? Wie weit reichen seine eigenen Kompetenzen/Machtbefugnisse „qua Amt“?
Der Oberbürgermeister ist der oberste Chef der Verwaltung. Er leitet die Amtsgeschäfte und gibt Impulse in Verwaltung und Politik. Damit ist er die zentrale Schnittstelle zwischen den beiden Ebenen der kommunalen Selbstverwaltung. Die politischen Entscheidungen bedürfen letztlich einer Mehrheit der politischen Gremien, durch aktive Beteiligung an den Diskussionen sowie eigenen Impulsen kann der Oberbürgermeister diese jedoch beeinflussen.
Zum Miteinander gehört es auch, ab und an unterschiedliche Positionen zu akzeptieren und umzusetzen, wie etwa den Beschluss der Ratsversammlung über die Etablierung eines Nachtbürgermeisters, der bei der TAFF angesiedelt ist. Apropos TAFF: Zur Arbeit eines Oberbürgermeisters gehört auch die Kontrolle der Beteiligungsunternehmen. In deren Gremien ist auch die Politik vertreten. Hier zeigt sich wieder: Gemeinsam wird ein Schuh draus.
Die Entwicklung der zentralen Flensburger Innenstadt lässt zu wünschen übrig. Wie wollen Sie der Entwicklung beikommen?
Die Flensburger Innenstadt leidet unter ähnlichen Entwicklungen wie vergleichbare Innenstädte in Deutschland. Große Marken ziehen sich zurück und die Zeit der Kaufhäuser ist weitgehend vorbei. Mit dem Innenstadtmanagement, das in einer bei mir angesiedelten Stabsstelle verortet ist, versuchen wir deshalb dieser Entwicklung etwas entgegen zu setzen. Im Mittelpunkt steht die Vermeidung von langwierigen Leerständen, bei der wir leider oft nur vermittelnd auftreten können, sowie die Attraktivierung der Innenstadt durch Veranstaltungen und die Aufwertung des Öffentlichen Raumes. Gerade bei den Leerständen stehen wir bei Betrachtung der Innenstadt eigentlich nicht so schlecht da. Zwar verlassen einzelne Geschäfte die Innenstadt, es gelingt aber häufig neue Nutzungen zu gewinnen. Hierbei spielen wir eine vermittelnde Rolle, die häufig zu guten Ergebnissen führt.
Positiv angenommen wird auch unsere Kinderbetreuung. Ab dem nächsten Jahr wird ein kommunaler Ordnungsdienst unterwegs sein, der sich um Sicherheit und Ordnung kümmert. Es geschieht also was in der Flensburger Innenstadt.
Gilt das auch für den Südermarkt?
Besonders in meinem Fokus steht der Südermarkt, für den gerade ein Konzept erarbeitet wird, um den dortigen Problemen zu begegnen, wie etwa dem Drogenhandel und Drogenkonsum. Neben den Aufgaben des Ordnungsamtes und der aufsuchenden Sozialarbeit, die zwei elementare Bestandteile unseres Konzeptes sind, ist eine städtebauliche Weiterentwicklung geplant und unverzichtbar. Unsere Dezernentin Noosha Aubel hat die Federführung für diesen Prozess. Auch in Sachen Südermarkt wollen wir im nächsten Jahr ein großes Stück weiter sein.
Was erwartet die Flensburgerinnen und Flensburger im Jahr 2025?
Das Jahr 2025 wird mindestens so ereignisreich wie 2024. Neben der Kaikante, bei der wir einen großen Schritt weiter sein wollen, und dem Hafen Ost erwarte ich auch eine weitere Entwicklung im Wohnquartier Schwarzenbachtal und im Baugebiet in Weiche an der Friedenskirche.
Im nächsten Jahr zeigt sich auch, wie wir mit dem Land übereinkommen, wenn es um die kommunalen Finanzen geht. Den derzeitigen Kurs können wir dabei nicht akzeptieren, da die Stadt bei gleichbleibendem Kurs in eine erneute Verschuldung gerät.
Nicht zuletzt haben wir zu Beginn des Jahres eine Bundestagswahl, von der abhängt, wie sich die weitere Entwicklung der kommunalen Rahmenbedingungen gestaltet.
Es steht also viel an im Jahr 2025. Ich freue mich drauf! Vielleicht sehen wir uns ja bei meiner nächsten Dialog-Veranstaltung „Klönschnack und Klartext“ am 3. Februar um 17.00 Uhr in der Oase.