Puschenkino – ein Begriff, den heute nur noch die ältere Flensburger Generation kennt. Woher diese Bezeichnung kommt? Das lesen Sie unter anderem im weiteren Text.
Die Anfänge
Im Jahr 1896 begann Flensburgs Kinogeschichte: mit der Kinetoskop-Ausstellung in der Großen Straße Nr. 1. Mit Edison-Filmvorführapparaten wurden Einzelfotobilder in schneller Folge an einem Okular mit Vergrößerungsglas am Betrachter vorbeigeführt.
Am 05. Dezember 1896 zeigten das Colosseum mit dem „Animatographen“ und am 06. Dezember das Tivoli mit dem „Videographen“ in Kurzfilmen lebende Bilder. Der Nordische Hof in der Norderstraße 76 und die Harmonie in der Toosbüy-
straße 21 folgten. In den Folgejahren kamen Wanderkinos hinzu, die zehnminütige Filme zeigten. Das erste feste Kino namens Kosmorama eröffnete am 08. September 1906 in der Nikolaistraße 10. Es verfügte über 123 Sitzplätze, die fest verschraubt waren, und eine Ofenheizung sowie elektrische Beleuchtung. Zur musikalischen Untermalung der gezeigten Stummfilme gab es ein Klavier im Vorführraum. Der Besitzer war der Aalimporteur und
Fischräucherer Jens Raun.
Bis zum Jahresende 1906 eröffneten noch vier weitere Kinos: das Urania auf dem Holm 42, das Neustädter Biograph Theater in der Neustadt 42-44, das Electro Biograph in der Angelburger Straße 28 und das Walhalla in der Norderstraße 40-42.
Kino boomt
Da der Kino-Boom anhielt, eröffneten weitere Kinos in Flensburg. Das waren das Bioskop Theater, Holm 11, das Me-tropol Theater, Große Straße 83 und das Edison Theater, Holm 47, das 1910 als erstes Kino in Flensburg den Einzelfilm „Onkel Toms Hütte“ zeigte.
Das Palast Theater, Holm 35, war zu der Zeit mit 230 Plätzen das größte Kino Flensburgs. Auch in Privatwohnungen gab es mittlerweile Filmvorführungen. Im Volksmund nannte man sie passenderweise Puschenkinos.
Im Jahr 1911 wurde in der Großen Straße 39-41 der Neubau Lichtspielhaus Opera eröffnet. Später wurde es in Germanica und danach in Central Tonfilmtheater umbenannt. Bis 1969, also fast 59 Jahre, kam es dort zu vielen Filmvorführungen. In der Harrisleer Straße 3a eröffnete das Lichtspielhaus Norden. Im Jahr 1917 existierten im gesamten Deutschen Reich bereits 3.130 Kinos – eine stattliche Zahl. In Flensburg eröffneten zwischen den Jahren 1919 und 1921 noch einige weitere Kinos: das Eden, später Corso, Holm 19/21 und das Colosseum, Große Straße 12. Im Jahr 1927 kamen das Gloria (später Kammerlichtspiele) und das Roxy, Norderstraße 45, hinzu. Des Weiteren gab es die Schauburg, das spätere Capitol, in der Neustadt 50. Das nun räumlich größte Kino Flensburgs, das Colosseum in der Großen Straße 12, bot immerhin 1.000 Sitzplätze. Der erste Tonfilm „Atlantis“ von
E. A. Dupont wurde am 04. März 1930 im Gloria Palast, Norderstraße 45, gezeigt. Die Zeit der Klavierbegleitungen war mittlerweile vorbei. Viele Kinos schlossen sogar vorübergehend, weil die Beschaffung der neuen Technik sehr teuer war. Zu Beginn des Dritten Reichs wurden im Colosseum häufig NS-Propagandafilme gezeigt. Viele jüdische Schauspieler und Regisseure erhielten Berufsverbot.
Kino – ein beliebtes Freizeitvergnügen
Nach Kriegsende eröffnete am 24. August 1945 das Colosseum wieder. Es zeigte den UFA-Film „Die Brücke Noltenius“. Gut zehn Jahre später kam das Palast Theater an der Ecke Bismarck-straße/Adelbyer Kirchenweg dazu, von 1955 bis ins Jahr 2003 als Kino genutzt. Es folgten die Mürwiker Lichtspiele – später in Pali umbenannt – bis 1980, das Programmkino Odeon bis 1986, später (1996) wurde es umbenannt in das Kino 51 Stufen, das heute noch existiert. Von 1984 bis 2001 gab es das Kino City in der Toosbüystraße 21. Die letzte Neueröffnung eines Kinos erfolgte schließlich im Jahr 2000 mit dem Kinopolis am ZOB, später umbenannt in Kinoplex und heute UCI. Das Colosseum schloss 1984 und wurde abgerissen. Das Roxy wurde später zu einer Diskothek umgebaut.
Früher hatte man die große Auswahl, wenn man mal ins Kino wollte, heute gibt es in Flensburg dagegen „nur“ noch zwei Kinos: das 51 Stufen im Deutschen Haus und das UCI am ZOB.
Auch die Filmtechnik entwickelt sich
3D-Filme – den genauen Zeitpunkt habe ich nicht mehr in Erinnerung – es muss so Ende 1949/Anfang 1950 gewesen sein, dass in Flensburg im Urania Kino die ersten 3D-Filme gezeigt wurden. Es waren Western, in denen die amerikanische Armee und Siedler gegen die Indianer kämpften. Beim Kartenkauf bekamen die Kinobesucher eine spezielle Brille ausgehändigt, die ein rotes und ein grünes Kunststoffglas hatte. Zur Filmvorführung wurden diese aufgesetzt. Der Effekt war erstaunlich: Die Pfeile, Speere und Streitäxte, die die Indianer verschossen und warfen, kamen direkt auf die Kinobesucher zugeflogen. Das Szenario wirkte so echt, dass die staunenden Zuschauer die Köpfe zur Seite neigten oder sich sogar wegduckten. Irgendwann war es damit vorbei. Seit einigen Jahren sind erneut Filme in 3D wieder „in“ – allerdings auf dem neuesten Stand der Technik!
Text: Kurt Tomaschewski
Bild: Envato.com