Verhandlungen begegnen Arbeitnehmern im Beruf immer wieder. Sei es die Gehaltsverhandlung mit dem Chef, die Preisverhandlung mit dem Kunden oder die Verhandlung von Vertragsbedingungen mit einem neuen Geschäftspartner – mit der richtigen Verhandlungstechnik können all diese Verhandlungssituationen gelingen. Je nach Situation, Verhandlungspartner und den eigenen Zielen muss die Kommunikation jedoch individuell angepasst werden. Wir beleuchten, welche Verhandlungstechniken und -methoden sich wann besonders eignen und warum eine intensive Vorbereitung unerlässlich ist.
Das A und O der Verhandlungsführung
Eine Verhandlungssituation sieht üblicherweise folgendermaßen aus: Zwei oder mehrere Verhandlungspartner befinden sich im Gespräch und versuchen, einen Sachverhalt auszuhandeln – sei es, einen Preis, die Übernahme einer Aufgabe, den Umfang einer Dienstleistung oder etwas ganz anderes. Beide Parteien verfolgen dabei eigene Ziele und verfügen über unterschiedliche Motivationen. Diese miteinander zu verbinden und auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, ist oft gar nicht so leicht. Häufig verlässt einer der Verhandlungspartner die Verhandlung als Verlierer, da er sein Ziel nicht durchsetzen konnte. Ideal wäre für beide Parteien jedoch eine Win-win-Situation. Damit die Verhandlung so gut wie möglich gelingt, ist eine sorgfältige Vorbereitung von großer Bedeutung.
Die Verhandlungsvorbereitung
Als Teilnehmer einer Verhandlung sollte man sich zuvor einige Gedanken machen:
- Minimale und maximale Ziele festlegen: Was soll mindestens erreicht werden und was ist das optimale Ergebnis? Nur wer seine Ziele und sein Limit kennt, kann in der Verhandlung souverän auftreten und auf Angebote der Gegenseite reagieren, ohne zu große Zugeständnisse zu machen.
- Argumente vorbereiten: Mit gut zurechtgelegten und im Kopf bereits ausformulierten Argumenten gelingt die Kommunikation besser. Verhandlungsteilnehmer können sicherer sprechen und haben ein geringeres Risiko, den Faden zu verlieren und sich zu verhaspeln. Beim Vorbringen der Argumente ist zudem die Reihenfolge entscheidend: Das stärkste Argument sollte als Erstes kommen, da es im Optimalfall so überzeugend ist, dass keine Einwände kommen. Das zweite Argument darf ein etwas schwächeres sein, da es in der Mitte der Verhandlung weniger heraussticht. Am Ende sollte als starkes Schlusswort mit dem zweitstärksten Argument abgeschlossen werden.
- Infos einholen: Wer im Vorhinein Informationen über seinen Verhandlungspartner und die anderen beteiligten Personen besitzt, kann sich besser auf die Verhandlung einstellen. Was sind seine Interessen, welche Verhandlungskompetenzen bringt er mit, welche Verhandlungsstrategie und -technik könnte er anwenden? Wichtig ist auch die Frage nach seiner Motivation und seinem Handlungsspielraum. Ist abschätzbar, über welches Budget die Gegenseite maximal verfügt oder welche Person letztendlich die Entscheidungsgewalt besitzt, kann die eigene Verhandlungstechnik darauf abgestimmt werden.
- Ausreichend Zeit einplanen: Eine Verhandlung kann sich schon einmal länger hinziehen als ursprünglich geplant. Der Termin sollte daher mit ausreichend Puffer im Kalender eingesetzt werden.
- Die eigenen Schwächen kennen: Nicht nur die Schwachstellen des Verhandlungspartners, sondern auch die eigenen Schwächen sollten im Vorhinein aufgedeckt und analysiert werden. Welche Punkte machen angreifbar und welche Einwände könnten kommen? Durch eine solche Analyse und die Vorbereitung von Gegenargumenten, gelingt es, Einwänden im Verkaufsgespräch zu begegnen.
Verhandlungsstrategie und Verhandlungstechniken
Um die eigenen Ziele durchzusetzen und die Verhandlungssituation für sich zu entscheiden, kommen verschiedene Verhandlungsstrategien und -techniken infrage. Die übergreifende Strategie entscheidet, in welche Richtung die Verhandlungsführung gelenkt werden soll. Eine Konfrontationsstrategie dient beispielsweise dazu, um jeden Preis die eigenen Interessen durchzusetzen und wenig Rücksicht auf den Verhandlungspartner zu nehmen. Methodisch kann dies durch verdeckte Anschuldigungen, halbwahre Informationen und eine emotionale Verhandlungsführung umgesetzt werden. Die Gefahr besteht jedoch darin, die Personen auf der Gegenseite zu verprellen und der Geschäftsbeziehung Schaden zuzufügen. Auf der anderen Seite steht eine kooperative Verhandlungsstrategie, bei der auf das bestmögliche Win-win-Ergebnis für beide Verhandlungspartner hingewirkt wird.
Je nach Strategie können während des Gesprächs verschiedene Verhandlungstechniken zum Einsatz kommen, zum Beispiel die folgenden:
- Technik des Ankereffekts: In Preisverhandlungen ist der Ankereffekt eine nützliche Technik, um das eigene Ziel zu erreichen. Der Effekt sieht vor, selbst als Erstes einen Preis oder eine Zahl zu nennen und damit einen Anker zu setzen. Die restliche Preisverhandlung wird sich um diesen Anker herum bewegen, höchstwahrscheinlich jedoch nicht zu weit von ihm abweichen – selbst wenn die Idealvorstellung des Verhandlungspartners ganz woanders lag.
- Technik des offenen Preises: Als Gegensatz zum Ankereffekt geht es beim offenen Preis darum, möglichst lange keine Zahl zu nennen, um seine Vorstellung und Schmerzgrenze nicht preiszugeben. Die Gegenseite soll zuerst ein Angebot machen, um darauf aufbauend weiter verhandeln zu können und sich nicht zu sehr in die Karten blicken zu lassen. Diese Technik kann sinnvoll sein, wenn ein Verhandlungspartner nicht weiß, welche Preise in der Branche angemessen sind. Um nicht zu tief zu stapeln, kann es daher sinnvoll sein, zunächst abzuwarten.
- Fragetechnik: Das Stellen vieler Fragen ist eine beliebte Technik, um die Verhandlungsführung zu übernehmen und das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken. Die Fragetechnik sorgt zudem dafür, den Verhandlungspartner aus der Reserve zu locken und wichtige Infos zu erfahren – beispielsweise welche Attribute ihm bei der Verhandlung wichtig sind, was sein Ziel ist und welche Motive ihn antreiben. Anfangs eignen sich zunächst offene Fragen, auf die das Gegenüber frei antworten kann. Wenn die Verhandlung sich ihrem Ende nähert, kann mit geschlossenen Fragen gezielt ein Ja oder Nein zu einem bestimmten Punkt und eine Bestätigung eingeholt werden.
- Taktisches Schweigen: Schweigen ist eine hilfreiche Verhandlungstechnik, da die Personen auf der Gegenseite oft nicht damit rechnen. Viele Menschen können Stille im Gespräch nur schwer aushalten und lassen sich dadurch verunsichern. Möglicherweise versuchen sie, die Stille zu überbrücken, und lassen sich zu Zugeständnissen hinreißen. Mit Schweigen gelingt es zudem, Argumenten des Gegenübers ihre Kraft zu nehmen und sie ohne Reaktion verpuffen zu lassen.
- Am Ende zuschlagen: Eine oft genutzte Verhandlungstechnik sieht so aus, dass ganz am Ende des Gesprächs noch einmal eine Forderung gestellt wird. Eigentlich scheint der Abschluss in trockenen Tüchern und beide Seiten haben eine Einigung erzielt – doch dann äußert einer der Verhandlungspartner noch eine finale Bedingung. Häufig sind die Personen auf der anderen Seite nach der langen Verhandlung bereits müde und freuen sich darauf, dass das Gespräch bald zu Ende ist. So lassen sie sich womöglich zu einem letzten Zugeständnis hinreißen, um das Ergebnis der Verhandlung nicht zu gefährden. Eine letzte Forderung kann jedoch auch die Stimmung kippen lassen und dafür sorgen, dass der Deal auf der Zielgeraden noch platzt.
Fazit: Verhandlungskompetenz will gelernt sein
Um in Verhandlungen erfolgreich zu sein, ist Verhandlungskompetenz unerlässlich. Diese gewinnt man durch eine sorgfältige Verhandlungsvorbereitung, das Studium verschiedener Techniken und die Erfahrung verschiedenster Verhandlungssituation. Je öfter man sich in einer Verhandlung beweisen muss, desto mehr lernt man hinzu und desto geschickter kann man zielführende Techniken und Methoden anwenden. Neben schlagkräftigen eigenen Argumenten ist es wichtig, auf Einwände angemessen einzugehen und die richtige Verhandlungsstrategie auszuwählen. Auch Zugeständnisse sollten nicht unterschätzt und als reiner Verlust wahrgenommen werden: Wer dem Verhandlungspartner mit einem Zugeständnis entgegenkommt, profitiert häufig auch umgekehrt vom Wohlwollen der Gegenseite.
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