Wenn Eltern ihren Kindern schon zu Lebzeiten ihr Haus übertragen möchten und um einen notariellen Überlassungsvertragsentwurf bitten, ist dies in der Regel mit dem Wunsch verbunden, dass die Eltern ihre Immobilie trotz der Übertragung des Eigentums auf die Kinder weiter nutzen und sich diesbezüglich absichern wollen. Solche Nutzungsrechte können für einen bestimmten Zeitraum oder bis zum Lebensende vereinbart und durch die Eintragung von Nießbrauchs- oder Wohnungsrechten im Grundbuch abgesichert werden.

Immer dann, wenn es nur um die Nutzung einzelner Räume geht oder z. B. nur die Wohnung im Obergeschoß/Einliegerwohnung eines Einfamilienhauses betroffen ist, ist das Wohnungsrecht das richtige Instrument, denn nur an einzelnen Räumen oder einer einzelnen Wohnung im Haus kann ein Nießbrauchsrecht nicht bestellt werden.
Sofern aber die gesamte Immobilie oder nur ein Bruchteil, z. B. ein ½ ideeller Miteigentumsanteil übertragen und sich daran die Nutzung vorbehalten werden soll, ist die Absicherung mit einem einzutragenden Nießbrauchsrecht das richtige Instrument, denn an Bruchteilseigentum kann wiederum kein Wohnungsrecht bestellt werden.

Bei Wohnungsrechten unterscheidet man Wohnungsmitbenutzungsrechte und Wohnungsrechte unter Ausschluss des Eigentümers:
Das Wohnungsmitbenutzungsrecht be­deutet das Recht der Mitbenutzung sämtlicher Räume samt Einrichtungen zu Wohnzwecken samt Außen- sowie Nebenanlagen, so dass der Berechtigte die Räume nur gemeinsam mit dem neuen Eigentümer nutzen kann. Das Wohnungsrecht unter Ausschluss des Eigentümers bedeutet, dass der Wohnungsberechtigte zur ausschließlichen Nutzung des Anwesens berechtigt ist unter Ausschluss des Eigentümers. Wohnungsmitbenutzungsrecht und Wohnungsrecht unter Ausschluss des Eigentümers können auch kombiniert werden.

Sowohl mit dem Nießbrauchsrecht als auch mit dem Wohnungsrecht kann, je nachdem wie es ausgestaltet ist, abgesichert werden, dass der Schenker bzw. die Eltern die Wohnung/das Haus oder den übertragenden Miteigentumsanteil lebenslang selbst nutzen und, je nach Vereinbarung, auch an Dritte vermieten kann.

Die Vereinbarung eines Nießbrauchsrechts gibt das Recht zur Eigennutzung oder auch zur Fremdvermietung der Immobilie, um auch Mieteinkünfte erzielen zu können.
Außerdem unterscheidet man zwischen „Netto-Nießbrauch“ und „Brutto-Nießbrauch“, je nachdem, ob die Eltern als Nießbraucher nicht nur für die Erhaltung des wirtschaftlichen Bestandes zu sorgen haben, sondern sämtliche Kosten das Haus betreffend tragen, also Nebenkosten, Renovierungskosten, Instandhaltungskosten oder auch die Zahlung noch vorhandener Darlehen oder ob die Eltern als Nießbraucher zwar die volle Nutzung, aber weder Kosten noch Lasten des Objekts zu tragen haben. Der Leistungsumfang muss genau formuliert werden, damit es später keine Streitigkeiten gibt. Auch die steuerlichen Konsequenzen sind unterschiedlich und dürfen nicht vergessen werden.

Inhalt des Wohnungsrechts muss zumindest dem Hauptzweck nach das Wohnen durch den Begünstigten sein. Auch bei einem Wohnungsrecht unter Ausschluss des Eigentümers ist es aber möglich, zusätzlich zu vereinbaren, dass die Ausübung des Wohnungsrechts auch entgeltlich Dritten überlassen werden kann.
Auch bei der Bestellung eines Wohnungsrechts können in gewissem Rahmen gesetzlich abweichende Regelungen zu Kostentragungspflichten vereinbart werden.

Oft ist beides möglich, sowohl die Eintragung eines umfassenden Nießbrauchsrechts als auch die Eintragung eines Wohnungsrechts zur Mitbenutzung bzw. unter Ausschluss des Eigentümers. Welches Instrument zur Absicherung im Grundbuch dann konkret gewählt wird, kann von weiteren Gesichtspunkten abhängen wie beispielsweise auch bei erbrechtlichen Konstellationen, bei denen später mit Pflichtteils-/Pflichtteilsergänzungsansprüchen Dritter gerechnet werden muss. Der Lauf der diesbezüglichen Zehnjahresfrist und die Frage, ob der Lauf der Frist beginnt oder der Lauf der Zehnjahresfrist gehemmt ist, kann ggf. ein Grund dafür sein, sich kein umfassendes Nießbrauchsrecht, sondern nur ein Wohnungsrecht an bestimmten Räumen vorzubehalten. Andererseits wird der Schenkungswert durch das umfassende Nießbrauchsrecht erheblich reduziert, jedenfalls, wenn die Schenker noch nicht so alt sind. Vorteile und Nachteile gilt es im Gespräch abzuwägen. Darum sollten auch sämtliche familiäre Aspekte, Wünsche und auch Ängste angesprochen werden, damit diese berücksichtigt werden können. Falsche oder „dumme“ Fragen gibt es nicht. Dumm ist der, der nicht fragt.

Ulrike Czubayko Rechtsanwältin und Notarin Testament
Rechtsanwältin und Notarin Ulrike Czubayko, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Familienrecht in der Kanzlei KH&S Dr. Kruse, Hansen & Sielaff Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Rechtsanwälte, Fachanwälte, Notare, Stuhrsallee 35, 24937 Flensburg, Tel. 0461-520770


Diesen Beitrag sowie alle früheren Beiträge können Sie unter www.khs-flensburg.de nachlesen.

- WERBUNG -