Innensanierung der Kirche St. Nikolai
Einem Flensburger Wahrzeichen steht das Wasser sinnbildlich bis zum Hals: Der Innenraum der St. Nikolai-Kirche am Südermarkt muss dringend saniert werden.
Die Geschichte von St. Nikolai
Das Gotteshaus hat eine bewegte Vergangenheit und Geschichte bereits hinter sich. St. Nikolai wurde erstmals im Jahre 1332 als Vorgängerbau erwähnt. Der jetzige Kirchenbau wurde 1390 bis 1480 in zwei Bauabschnitten errichtet. Die dreischiffige Kirche ist eine gotische Backstein-Hallenkirche. Das Mittelschiff ist stark überhöht und inklusive der Seitenschiffe mit roten Ziegeln eingedeckt. Im 16. Jahrhundert, zwischen 1516 und 1582, wurde der Westturm hinzugefügt. 1877 brannte der Turm durch Blitzschlag ab. Er wurde in neugotischer Form neu erstellt. Der Turm ist heute etwa 90 Meter hoch. In 1909 erhielt er in 60 Metern Höhe ein Glockenspiel mit 17 Glocken. Die Kirche ist wegen ihrer Bedeutung für die Stadt, ihrer Größe und der zentralen Lage ein touristischer Schwerpunkt in Flensburg. Täglich bewundern viele Besucher aus nah und fern einzeln und in Gruppen, den beeindruckenden Bau und den erhabenen Innenraum mit seiner prächtigen Ausstattung.
St. Nikolai versteht sich mit seinen täglichen Öffnungszeiten von 9 Uhr bis 18 Uhr als „Offene Kirche für die Stadt“. Das bedeutet für sie eine besondere Verpflichtung: Die Kirche ist Ort zentraler Gottesdienste, Feiern, Veranstaltungen und Versammlungen im Raum Flensburg. Zusätzlich ist sie auch offen für vielfältige Kooperationen und Aktivitäten unterschiedlicher Veranstalter, wenn diese der Sinngebung der Kirche und natürlich den christlichen Grundlagen nicht widersprechen. Musik spielt an Sankt Nikolai eine große und zentrale Rolle. Die bedeutende Orgel und der überregionale Chor ziehen viele Menschen aus Stadt und Land zu Konzerten an.
St. Nikolai verfügt auf der Sängerempore über eine der größten und prächtigsten Orgeln im nördlichen Schleswig-Holstein, eine „Doppelorgel“, die in dieser Form weltweit einmalig ist. Sie besteht aus zwei Stilinstrumenten, die in den Jahren 1997 bis 2009 vom Marburger Orgelbauer Gerald Woehl geschaffen wurden: In dem historischen Gehäuse befindet sich die Schnitger-Orgel, dahinter ist die Symphonische Orgel platziert worden.
Die Ursprünge der Schnitger-Orgel gehen zurück auf das beginnende 17. Jahrhundert. Im Auftrag des dänischen Königs Christian IV. erbaute Nikolaus Maaß, Hoforgelbaumeister in Kopenhagen, in den Jahren von 1604 bis 1609 eine Orgel. Von 1707 bis 1709 hatte Arp Schnitger die Maaß-Orgel in ein barockes Orgelwerk umgebaut und erweitert. Nach dem Brand des Turmes im Jahr 1877 erweiterte die Apenrader Orgelbaufirma Marcussen & Søn das Instrument im Jahr 1878 für symphonische Musik. Von der Symphonischen Orgel aus wird auch das schwellbare Fernwerk angespielt. Es befindet sich auf dem Dachboden über dem Chorraum (in rund 20 Metern Höhe), ca. 30 Meter von der Orgel entfernt.
Das Instrument wurde in einem prachtvoll geschnitzten und bemalten Renaissance-Orgelprospekt untergebracht, der in den Jahren 1604 bis 1609 von dem Bildschnitzer Heinrich Ringerink gefertigt wurde. In den Jahren 1997 bis 2004 ist der Prospekt restauriert worden. Dabei wurde die ursprüngliche Farbfassung aus dem Jahr 1609 wiederhergestellt.
Die Gegenwart erfordert dringend eine Innensanierung
Ein neu gegründeter Förderverein will helfen, das möglich zu machen. Der Schein trügt nämlich: Wer den erhabenen Innenraum der St. Nikolai-Kirche am Südermarkt betritt, ist erst einmal beeindruckt vom Bauwerk. Doch wer genauer hinschaut, entdeckt bröckelnden Putz, Risse, blätternde Wandfarbe, stark verschmutzte Gewölbe und Säulen sowie Schimmelbefall. Mittlerweile ist der Zustand in einigen Bereichen des Kirchenschiffes bedrohlich. „Eine Sanierung ist zur Substanzerhaltung unbedingt und sehr dringend nötig”, stellte der Landesdenkmalpfleger für kirchliche Bauten Dr. Dirk Jonkanski fest. Auch Besucher beklagen sich immer häufiger über den schlechten Bauzustand. Es musste also etwas passieren: Der frischgegründete „Zwölf Säulen-Kirchensanierungsverein St. Nikolai zu Flensburg“ möchte das Projekt vorantreiben und möglichst viele Flensburger und St. Nikolai- Verbundene dafür gewinnen, die Restaurierung durch Mitgliedschaften und Spenden zu unterstützen. Denn das kostspielige Bauvorhaben sprengt das Budget einer Kirchengemeinde um ein Vielfaches. Ziel ist es, die stolze Summe von rund 2,1 Millionen Euro zusammenzubekommen.
Es geht nur über gemeinsame Anstrengungen
„Wir bemühen uns um öffentliche Fördermittel, jedoch werden diese nicht die gesamten Kosten decken können. Deshalb möchten wir viele Flensburger und St. Nikolai-Verbundene dafür gewinnen, die Restaurierung durch Mitgliedschaften im Verein und Spenden zu unterstützen“, sagt Kerstin Tomberger, 1. Vorsitzende des Sanierungsvereins. Die 49-Jährige betreibt in Flensburg die St. Michael-Apotheken. Ihr zur Seite steht der SBV-Vorstandschef Jürgen Möller (56) als 2. Vorsitzender. Den Vorstand ergänzen Doris Rohwäder (Kassenwartin), Axel Gülstorff (Vertreter des Kirchengemeinderates) und Merle Bornemann (Schriftführerin). Eines haben alle Mitglieder des Vorstands gemeinsam: Die Verbundenheit zu dieser besonderen Kirche – als architektonisches Wahrzeichen Flensburgs, als persönlicher Erinnerungsort an Trauungen, Taufen, Konfirmationen, als Ort für Musikgenuss und als offene Kirche für die Stadt. Deshalb liegt es ihnen am Herzen, die Sanierung mit ehrenamtlichem Engagement in vielerlei Hinsicht voranzutreiben.
Um die Dimensionen dieses großen Bauprojektes zu veranschaulichen: Allein 3500 Quadratmeter Wand- und Gewölbeflächen müssen erneuert werden. Überstreichen ist zwecklos, darunter würde sich nur wieder Schimmel bilden. Deshalb muss der alte, abblätternde Anstrich zunächst sorgfältig von fachkundigen Restauratoren entfernt werden. „Eine Mammutaufgabe, die uns mehr als ein Jahr beschäftigen wird“, so auch Pastor Dr. Marcus Friedrich. „Wir müssen selbst in diesen widrigen Zeiten die Kräfte bündeln und in Bewegung setzen dafür, dass St. Nikolai intakt bleibt. Als Kirchengemeinderat sind wir sehr glücklich über diese neue, starke Initiative.“
Die Innensanierung
Die letzte Innenraumsanierung mit Anstrich liegt schon gut 60 Jahre zurück. Im Jahr 1994 war beabsichtigt gewesen, den Innenraum erneut umfangreich zu sanieren. Ein beauftragter Architekt stellte dazu schon 1995 eine überschlägige Kostenschätzung mit entsprechender Maßnahmenbeschreibung auf. Wegen der dann noch dringlicheren Orgelsanierung wurde die Innensanierung jedoch gezwungenermaßen zurückgestellt.
Eine Abstimmung zur Innensanierung mit Feststellung der Dringlichkeit fand nun aktuell mit dem Bauamt der Nordkirche in Kiel und mit dem Landesamt für Denkmalschutz statt. Auch eine Abstimmung mit der Bauabteilung des Kirchenkreises ist erfolgt. Alle Beteiligten sehen die Notwendigkeit und vor allem die außerordentliche Dringlichkeit der Maßnahmen, um ein Fortschreiten der Schäden zu vermeiden und einer Neuschädigung der mit hohem Aufwand schon erneuerten und sanierten Bauteile und Einrichtungen wie etwa der Orgel zu vermeiden.
Die gründliche Innensanierung des Kirchenschiffes mit seinen Seitenkapellen wird nun erneut in Angriff genommen. Dazu erfolgten gründliche Voruntersuchungen durch Restauratoren mit dem Aufzeigen der erforderlichen Vorgehensweise, Kostenschätzungen und detaillierter Maßnahmenbeschreibungen.
Die Durchführung der Arbeiten in mehreren Bauabschnitten mit Gesamtkosten in Höhe von etwa 2,1 Millionen Euro muss jetzt finanziert werden. Momentan erfolgt die Bemühung der Akquirierung notwendiger öffentlicher Gelder, Stiftungen mit einzubinden und über den Kirchensanierungsverein „Zwölf Säulen“ Spenden einzuwerben.
Alle Beteiligten wünschen sich sehnlichst, im Interesse der Kirche, der Gemeinde, der Gläubigen, aber auch aller Flensburger Bürger sowie der zahlreichen Urlauber – dass die St. Nikolai-Kirche, die zu den überregionalen Kirchen der „Europäischen Route der Backsteingotik“ in Deutschland gehört, möglichst bald auch im Inneren wieder im alten Glanz erstrahlen möge!
flj
Fotos: Eiko Wenzel, Arne Tomberger, Grüterich