Die charmante Hafenstadt Flensburg ist bekannt für Fischbrötchen, Wassersport und die Hygge-Kultur der dänischen Nachbarn. Begriffe wie Chatbots, smarte Apps oder Game Development kommen den meisten Menschen nicht in den Sinn. Eher unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat sich Flensburg zu einem wichtigen Standort für Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) in Schleswig-Holstein entwickelt.

Viele Digitalunternehmen

Statistiken belegen diesen Wandel. Zum einen gehören 4,4 Prozent der Flensburger Unternehmen der Branche „Informations- und Kommunikationstechnologien“ (IKT) an – eine Zahl, die weit über dem Landesdurchschnitt von 2,3 Prozent liegt. Diese IKT-Unternehmen entwickeln beispielsweise Software, bieten Dienstleistungen rund um Datenverarbeitung und Hosting an oder produzieren Hardware. Auch klassische Medien wie Rundfunk und Printverlage fallen in diesen Bereich. Laut Arbeitsagentur sind in Flensburg 104 von insgesamt 2.350 Unternehmen in der IKT-Branche tätig.

Der Flensburger Campus

Die Hochschule Flensburg (HS Flensburg) spielt eine zentrale Rolle in diesem digitalen Aufschwung. Fast 1.800 Studierende setzen sich dort nach Angaben der Hochschule mit IKT-Themen auseinander. An der HS Flensburg werden Bachelor- und Masterabschlüsse in Fachrichtungen wie Angewandte Informatik, Medieninformatik, Film & Media Arts, Intermedia & Marketing, E-Health, Energie- und Umweltmanagement oder Wirtschaftsingenieurwesen angeboten. Zwei Forschungszentren widmen sich explizit dem Thema Künstliche Intelligenz. Seit Januar 2024 ist mit Prof. Dr. Annina Neumann eine der 12 vom Land berufenen KI-Professuren an der Hochschule tätig. Ihr Fokus liegt auf Künstlicher Intelligenz und Software Engineering. Die Hochschule Flensburg baut ihren Informatik- und KI-Schwerpunkt stetig aus und bringt ihre Expertise in die Landespolitik ein.

An der Europa-Universität Flensburg (EUF) wird KI zwar nicht im gleichen Maß behandelt, jedoch ist die Hochschule zentraler Teil des neuen „Digital Learning Campus“, der Bürger:innen kostenfreie Angebote zu Digitalisierung, KI und modernen Lehrmethoden bietet. Ein Forschungsprojekt an der EUF untersucht, wie angehende Lehrkräfte Künstliche Intelligenz im Unterricht nutzen können. Und seit Mai 2024 forscht und lehrt Prof. Dr. Marlit Annalena Lindner an der Uni. Sie ist Professorin für Digitale Bildung und beschäftigt sich unter anderem mit digitalen Lernumgebungen.

„Diese Flensburger Nähe zum wissenschaftlichen Umfeld ist ein entscheidender Standortvorteil“, ist Daniel Jonas überzeugt, Gründer des E-Commerce-Unternehmens DF Automotive GmbH. Denn nur mit diesem Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft entwickeln sich Innovationen im Bereich von Digitalisierung und KI.

Gründungsland Schleswig-Holstein

Im aktuellen Ranking der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) belegt Schleswig-Holstein den dritten Platz in Bezug auf Unternehmensgründungen. Dies ist unter anderem auf die umfangreiche Unterstützung durch das Land zurückzuführen, bei der Hochschulen, hochschulnahe Institutionen, weitere Unterstützer und Start-ups eng zusammenarbeiten und sich vernetzen. Besonders Flensburg profitiert hiervon. In verschiedenen Gründungs-Rankings nimmt die Stadt eine Spitzenposition ein.

Innovationen aus der Region

Die Flensburger Studierenden und Absolvent:innen sowie die Gründungsunterstützung prägen die kreative Landschaft der Stadt. Viele erfolgreiche IKT-Unternehmen sind mittlerweile in Flensburg zuhause, darunter etwa Iodynamics, die eine All-in-One-Software für Elektrofahrzeug-Flotten anbieten oder die Digitalagentur Codin-IT, die unter anderem Apps und Software entwickelt. Auch innovative Konzepte wie H2Coach, ein digitaler Schwimmcoach, und verschiedene Video- und Audioproduktionsfirmen zeigen die Vielfalt des regionalen IKT-Ökosystems. Allen diesen Unternehmen stehen die Absolvent:innen des Flensburger Campus als Arbeitskräfte zur Verfügung. Dass sie auch in der Stadt bleiben, liegt an den vielen Vorteilen, die es besonders attraktiv machen, hier zu arbeiten und zu leben: Dazu gehören die malerische Lage am Wasser, bezahlbarer Wohnraum und ein attraktives Umfeld für Familien.

Die Nähe zu Dänemark

Ein weiterer Faktor ist die Nähe zu Dänemark, das als europäischer Vorreiter in der Digitalisierung gilt. Laut dem Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) der EU-Kommission nutzen über 90 Prozent der dänischen Bürger:innen täglich ihre elektronische Bürger:innen-ID, um auf digitale Dienstleistungen zuzugreifen. Ob beim bargeldlosen Bezahlen oder beim papierlosen Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln: In Dänemark ist die Digitalisierung allgegenwärtig. Lokale Unternehmen, wie die von Frederik Denis geführte Firma HowRyou GmbH, die den intelligenten Pflegeassistenten NeDiNa entwickelt und vertreibt, profitieren nach eigener Aussage enorm von den dänischen Standards und dem Zugang zu digitalen Lösungen.

Ein wichtiger Digital- und KI-Standort

Der Campus Flensburg, die Attraktivität der Stadt, die landesweite Gründungsunterstützung und die Nähe zu Dänemark sind also entscheidende Faktoren dafür, dass sich in der Region überdurchschnittlich viele Hightech-, IT- und Internetunternehmen niedergelassen haben. Schleswig-Holsteins Digitalisierungsminister Dirk Schrödter bezeichnet Flensburg als „einen wichtigen Digital- und KI-Standort im Land“.

Ein Treffen für alle: nordisch.digital

Vom 18. bis 21. September 2024 können sich beim Netzwerktreffen „nordisch.digital“ alle Menschen aus Flensburg und dem Kreis Schleswig-Flensburg über Themen der IT- und Kreativwirtschaft informieren. Auf der Agenda stehen in Flensburg und der Smart City Süderbrarup unter anderem Diskussionen über Cyber-Versicherungen, Digitalisierung und Automatisierung im Handwerk, Smart City-Initiativen, aber auch eine Wissensshow für Kinder auf dem Südermarkt und Diskussionen zum Thema Künstliche Intelligenz im Unterricht im Alten Gymnasium Flensburg. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, sich über aktuelle Themen der Informations- und Kommunikationstechnologien auszutauschen.

Das ganze Programm unter: www.nordisch.digital.de.

Kurzfassung des Programms:

Mittwoch, 18.09.2024, 9:00-18:00 Uhr, lisezwei: Digitalisierungstag für Unternehmen und offizielle Eröffnung von nordisch.digital durch Digitalisierungsminister Dirk Schrödter
Mittwoch, 18.09.2024, 19:00 Uhr, Smart City Amt Süderbrarup: Digitalisierung erleben, u. a. mit Elektronik-Workshop

Donnerstag, 19.09.2024, Hochschule Flensburg, 10:00 Uhr: Rundgang des Fachbereichs Information und Kommunikation. Ausstellung von Studierendenarbeiten
Donnerstag 19.09.2024, Smart City Amt Süderbrarup, 14:00 Uhr: Digitalisierung erleben, insbesondere für Kinder

Freitag, 20.09.2024, 14:30-18:00, Südermarkt: Digitalisierung und Smart Cities Themen in der Region zum Anfassen, Kennenlernen und Erleben, u. a.: Eine Wissensshow (nicht nur) für Kinder mit Julian Janssen (besser bekannt als „Checker Julian“)

Samstag, 21.09.2024, Smart City Amt Süderbrarup, 13:00 Uhr: Digitalisierung erleben, Eröffnung der ReparierBar des Smart City Amts Süderbrarup
Samstag, 21.09.2024, Altes Gymnasium Flensburg, 9:30-15:00 Uhr: Lehren und Lernen mit Künstlicher Intelligenz

Kathrin Fischer

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