Flensburgs Feuerwehr hat ein Problem

Zu alt, zu klein, teilweise marode, heruntergekommen, längst nicht mehr zeitgemäß. Flensburgs Feuerwehr hat ein Problem mit den Liegenschaften. Berufsfeuerwehr und Freiwillige Feuerwehren gleichermaßen. Die Problematik ist nicht neu. Der Sanierungsstau bei den Feuerwehren ist hoch. Nach einer Prüfung durch die Feuerwehr-Unfallkasse wurde die Stadt Flensburg mit der Behebung einer langen Mängelliste beauftragt. Dies betraf 2021 und 2022 hauptsächlich die Freiwilligen Feuerwehren Tarup, Innenstadt und Jürgensby. Seitdem ist einiges passiert, Sanierungen, Umbauten, Umzüge und Neubauten wurden teilweise umgesetzt und befinden sich in Planung. Wir wollen im Folgenden einen Überblick über den aktuellen Stand der Planungen geben und starten mit den Freiwilligen Wehren der Stadt.

Flensburgs Feuerwehren im Wandel – so ist der Stand der Dinge
Aktuelle Hauptfeuerwache der Berufsfeuerwehr am Munketoft

Feuchte Wände und Decken, gesperrte oder nicht nutzbare sanitäre Anlagen, keine Duschen, fehlende Heizungen, undichte Dächer, keine oder unzureichende Geschlechtertrennung, fehlende Schwarz-Weiß-Trennung, akute Platzprobleme und keine Parkplätze für die Einsatzkräfte. Dies ist nur ein Teil der Mängel, die einige Gerätehäuser der Freiwilligen Feuerwehren in Flensburg im Jahr 2022 aufgewiesen haben. Besonders betroffen sind die Wehren Innenstadt, Jürgensby und Tarup. Seitens der Stadt Flensburg räumte man den Investitionsstau ein, betonte aber, dass der Stadt Flensburg die Arbeitsbedingungen der Feuerwehren am Herzen liegen. Nicht zuletzt auch auf Druck der Politik gibt es mittlerweile Fortschritte.

Freiwillige Feuerwehr Innenstadt

Die Freiwillige Feuerwehr Innenstadt ist seit Jahren in angemieteten Räumlichkeiten des DRK untergebracht. Das Gebäude ist baufällig und teilweise marode. Ein Problem war auch die fehlende Heizung in der Fahrzeughalle. Im Winter musste der Tank des älteren Löschfahrzeuges bei drohendem Frost abgepumpt werden, damit das Wasser nicht gefriert. Zu Lasten der Einsatzfähigkeit. 33 Mängel hatten die Prüfer der Feuerwehr-Unfallkasse bei einer Begehung gefunden. Teilweise gravierende. Das DRK will die Liegenschaft seinerseits abstoßen, investiert schon seit Jahren nicht mehr in das Gebäude. Gekündigt ist der Mietvertrag noch nicht, aber das Gebäude hat keine Zukunft mehr. Die Lösung: Ein Neubau wenige Meter weiter, direkt an der Eckernförder Landstraße. „Der aktuelle Zeitplan sieht einen Einzug im 3. Quartal 2026 vor“, erklärt Carsten Herzog, der Chef der Flensburger Berufsfeuerwehr. In Reihen der Wehr hatte man auf einen früheren Baubeginn gehofft, mit einem Spatenstich sei aber nicht vor Ende 2025 zu rechnen, teilten die Kommunalen Immobilien im vergangenen September mit. „Die Öffentlichkeitsbeteiligung hat stattgefunden, die Stadtplanung ist dabei Baurecht zu schaffen.“ Ein neuer, funktionaler Zweckbau wird es sein, der die Wehr zukunftsfähig aufstellen soll.

Freiwillige Feuerwehr Tarup

Nur wenige Kilometer weiter liegt die Freiwillige Feuerwehr Tarup. Hier wurde in den vergangenen Jahren hauptsächlich der zur Verfügung stehende Platz ein Problem. Für fast 30 aktive Kameraden ist in der Liegenschaft schlichtweg zu wenig Platz. Parkplätze für anrückende Einsatzkräfte gibt es nur wenige und auch die Fahrzeughalle ist zu eng. Damit sich im Einsatzfall alle Kameraden unfallfrei umziehen können, muss als Erstes das Löschfahrzeug aus der Halle gefahren werden. Während dieser Zeit kann diese nicht betreten werden, es kommt bei Einsätzen zu Verzögerungen. Der Großteil des Gebäudes stammt aus den 60er Jahren und entspricht längst nicht mehr den heutigen Anforderungen an Unterkünfte und Gerätehäuser Freiwilliger Feuerwehren. Auch eine Erweiterung durch ehemalige Klassencontainer der Unesco-Schule brachte nur wenig Abhilfe. Schon Anfang 2021 wurde auch für die Feuerwehr Tarup ein Neubau beschlossen. Auch ein geeigneter Standort war schnell gefunden. An der Ringstraße, nahe des SV Adelby. Bis zum Baubeginn wird es hier allerdings noch dauern. Aufgenommen wurde das Vorhaben in die mittelfristige Investitionsplanung bis 2027. Bis dahin rücken die Einsatzkräfte weiterhin vom alten Standort im Tastruper Weg aus.

Freiwillige Feuerwehr Jürgensby

Die Freiwillige Feuerwehr Jürgensby wird am längsten auf einen herbeigesehnten Neubau warten müssen. Geplant ist, dass die Wehr auf das heutige Gelände der Berufsfeuerwehr am Munketoft zieht. Allerdings erst, wenn die hauptamtlichen Brandschützer ihrerseits umgezogen und die alten Gebäude abgerissen sind. 2028, so hatte man mal gehofft, könnte es soweit sein. Voraussichtlich wird ein möglicher Neubau der FF Jürgensby aber bis dahin nicht realisierbar sein, da sich auch die Neubauten der Berufsfeuerwehr weiter verzögert haben.

Unterdessen haben sich Politik und Stadtverwaltung für eine adäquate Übergangslösung eingesetzt. Seit Mitte der 90er Jahre agierten die Kameraden der FF Jürgensby von einer angemieteten Halle in der Glücksburger Straße aus. Die angedachte Übergangslösung hielt bis 2022 an. Fahrzeuge und Technik waren in der Halle untergebracht, die Sozialräume einige hundert Meter entfernt. Auch die Zwischenlösung bis zum Neubau besteht aus zwei Standorten. Die personell stärkste Wehr der Stadt hat neue Sozial- und Schulungsräume in den Räumlichkeiten der ehemaligen Löhmannschule in der Schultze-Delitzsch-Straße gefunden. Ein moderner Schulungsraum, Umkleidebereiche für die Jugendfeuerwehr, Büros, eine Spülküche und eine vernünftige Schwarz-Weiß-Trennung. Im Vergleich zu den vorherigen Bedingungen ein kleiner Quantensprung. Auch die Fahrzeuge sind mittlerweile umgezogen. Aus einer nassen, kalten, baufälligen und teilweisen schimmeligen Halle in die Räumlichkeiten der alten Bundesbank in der Waitzstraße. Die Wehrführung zeigte sich zufrieden mit der Lösung, an der bis zur Fertigstellung des Neubaus festgehalten werden soll.

Freiwillige Feuerwehr Weiche, Engelsby und Klues

Bei den übrigen drei Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Flensburg sieht es hingegen wesentlich besser aus. Die Freiwillige Feuerwehr Weiche konnte Ende 2021 einen großen Anbau beziehen und damit den zur Verfügung stehenden Platz erheblich erweitern. Auch die großen Einsatzfahrzeuge sind seitdem in einer neuen Fahrzeughalle untergebracht. Auch bei den Wehren Engelsby und Klues sind die Liegenschaften in einem deutlich besseren Zustand.

Flensburgs Feuerwehren im Wandel – so ist der Stand der Dinge

Berufsfeuerwehr

Ein zentraler Neubau am aktuellen Standort der Hauptfeuerwache am Munketoft sollte es werden. Vorplanungen und ein Architektenwettbewerb sorgten mit einem Gewinnerentwurf für das Ergebnis. Hunderte Planungsstunden, in denen die ersten Etagen des neuen Gebäudekomplexes bis ins Detail durchgeplant wurden, dann die Rolle rückwärts. Zu teuer, die Baukosten sind explodiert. Tiefgarage und ein Stockwerk für Büros der Stadtverwaltung standen zur Diskussion, sollten bei einem Wegfall die Baukosten wieder mindern. Ein viel größeres Problem ist jedoch die sogenannte Hilfsfrist. Seit Jahren ist klar, dass es bei der Versorgung durch die Berufsfeuerwehr im Stadtgebiet sogenannte weiße Flecken gibt. Bereiche oder Stadtteile, die der Löschzug der Berufsfeuerwehr vom Standort am Munketoft nicht innerhalb der gesetzlichen Hilfsfrist von 10 Minuten erreichen kann. Dies betrifft Teile von Klues, Weiche und Mürwik. „Mit politischem Beschluss von Anfang Oktober 2023 soll der Neubau der Berufsfeuerwehr mit nur einem zentralen Standort nicht weiterverfolgt werden“, sagt Carsten Herzog. „Die Politik hat den Bau von zwei Wachen beschlossen, eine im Osten und eine im Westen der Stadt.“

Flensburgs Feuerwehren im Wandel – so ist der Stand der Dinge

Quakenweg und Adelbyer Kirchenweg sollen die neuen Standorte der Berufsfeuerwehr werden. Mit weitreichenden Folgen. „Der Bau von zwei Wachen hat einen erhöhten Personalbedarf von 50 zusätzlichen Stellen zur Folge“, so Herzog. „Zudem werden weitere Großfahrzeuge benötigt um zukünftig zwei Löschzüge zu stellen.“ Gewaltige Herausforderungen in einer Zeit, in der es kaum Personal gibt und die Lieferzeiten von Einsatzfahrzeugen dieser Größenordnung zwischen zwei und drei Jahren betragen. Fertigstellung in 2027 und 2029, so lauten die ambitionierten Zielvorstellungen der Politik für den Bau der beiden Feuerwachen. Die Wache Ost am Adelbyer Kirchenweg, direkt an der Osttangente, soll als Erstes gebaut werden. „Wir hätten ursprünglich gerne zunächst die Wache West gebaut, aber erst die im Osten zu bauen ist feuerwehrtaktisch nachvollziehbar“, so Herzog. „In Mürwik haben wir in puncto der Hilfsfrist mit das größte Problem.“

Flensburgs Feuerwehren im Wandel – so ist der Stand der Dinge
Besichtigung durch Vertreter der Politik

Seitens eines Architekturbüros wurden vor kurzem Raumprogramme erstellt, anhand derer man feststellen wollte, ob die beiden Wachen auf die ausgewählten Grundstücke passen. Dies ist der Fall und die Planungen gehen in die nächste Stufe. Beide Wachen sollen nach Möglichkeit durch den gleichen Architekten geplant werden. Die Vorbereitungen für die Ausschreibungen laufen aktuell. Kommunale Immobilien, Stadtplanung und Feuerwehr sind an den Plänen beteiligt. Ein Mammutprojekt, nicht nur in puncto Gebäudebau. „Die Berufsfeuerwehr in Flensburg muss gänzlich neu organisiert werden“, erklärt Herzog. „Rund 80% unserer Verfahrensanweisungen werden wir neu fassen müssen.“ Mehr Personal, mehr Fahrzeuge, zukünftig auf zwei Standorte verteilt. Bisher agierte die Berufsfeuerwehr von einem zentralen Standort aus. Personal, Fahrzeuge und alle notwendigen Werkstätten sind seit Jahrzehnten am Munketoft untergebracht. Daran wird sich etwas ändern. „Unsere aktuelle Planung geht dahin, dass wir unsere sechs Werkstätten aufteilen, auf jeder der beiden Wachen werden dann drei untergebracht sein“, berichtet Herzog. „Auch unsere Sonderfahrzeuge könnten ähnlich aufgeteilt und auf beide Standorte verteilt werden.“ Das aktive Einsatzgeschehen betreffend könnte es dann zukünftig in Flensburg zwei nahezu gleichwertige Wachstandorte geben.

Dennoch wird die Wache am Quakenweg die größere und voraussichtlich den Namen Hauptfeuerwache tragen. „Hier soll nach aktuellem Plan auch die komplette Verwaltung der Feuerwehr untergebracht werden“, erklärt Herzog. „Die wollen wir nach Möglichkeit nicht aufteilen, sondern zentralisieren.“
Rund 80 Millionen Euro werden die beiden Neubauten zusammen kosten. Etwas weniger als die zuletzt etwa 100 Millionen, die für einen zentralen Standort angenommen wurden. Hinzu kommt allerdings der steigende Personalbedarf. 50 neue Stellen werden notwendig um zwei Standorte mit zwei Löschzügen zu betreiben. Eine jährliche Mehrbelastung von mehreren Millionen. Hinzu kommen auch neue Einsatzfahrzeuge. Zukünftig sollen es laut Herzog insgesamt sechs statt vier Löschfahrzeuge und drei statt zwei Drehleitern werden. 1,5 Millionen Euro werden die drei zusätzlichen Fahrzeuge nach aktuellem Stand kosten. Investitionen, die allerdings dringend notwendig sind. Nicht nur für die mehreren tausend Einwohner in den Stadtteilen, die aktuell in Sachen Hilfsfrist als unterversorgt gelten, sondern auch für die restlichen Bewohner der Stadt Flensburg. Die Politik hat die Notwendigkeit erkannt und den Weg für zwei Hauptfeuerwachen geebnet. Nun wird sich zeigen wie schnell die Planungen voranschreiten und ob die ambitionierten Zeitpläne eingehalten werden könnten.

Text und Fotos: Benjamin Nolte

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