Wem gehört der deutsche Fußball? Den Fans, den Funktionären, den Medien oder den Sponsoren? Im Zuge der fortschreitenden Kommerzialisierung des Sports und insbesondere der Bundesliga wird diese Frage immer lauter. Dabei nimmt die deutsche Bundesliga bisher noch immer eine Sonderstellung ein, mit ihrer 50+1 Entscheidungsregel, die verhindert, dass zahlungskräftige Investoren aus dem Ausland zum Hauptentscheidungsträger werden können. Gerade platzte ein Milliardendeal, weil die Fans sich dagegen sträubten. Doch was bedeutet dies für die Landes- und Regionalligen, die ebenfalls vom Wirtschaftsfaktor Fußball profitieren wollen und am Leben bleiben wollen?

In England, Frankreich, Spanien und Italien ist es schon ganz üblich, dass die Ligen mehrheitlich einem Sponsor aus dem Ausland gehören: Die Ligue 1 wird von Katar finanziert, Newcastle erhielt gerade eine Finanzspritze von einem saudischen Staatsfond, und auch Spanien und Italien liegen weitgehend in saudi-arabischer Hand. Nur in Deutschland wehrt man sich mächtig gegen den Verlust der Autonomie, gerade platzte ein Deal mit dem luxemburgischen Privat-Equity-Unternehmen CVC, dank dem rund eine Milliarde Euro in die Kassen der 1. und 2. Bundesliga geflossen wären. Gerade für die Mannschaften der zweiten Liga ein wichtiger Überlebensfaktor, denn viele kämpfen mit finanziellen Problemen, hohen Schuldenbergen und mangelnden Sponsoren. Warum der Plan scheiterte: die Fans protestierten, und aufgrund der 50+1 Regelung, die in Deutschland einzigartig ist und durch die die Entscheidungsmehrheit stets im Verein bleibt, gaben die DFL-Verantwortlichen letztendlich nach und wiesen das Angebot ab.

In den Medien wurde die deutsche Bundesliga nach Platzen des Geschäfts als „gallisches Dorf“ bezeichnet, das sich als einzige europäische Liga nach wie vor gegen ausländische Übernahme wehrt, wenngleich diverse deutsche Mannschaften bereits kräftig aus der Wirtschaft finanziert werden: Leverkusen bekanntlich von Pharmagigant Bayer, Wolfsburg und Hoffenheim von Volkswagen und RB Leipzig übergab seine Bestimmungsrechte  Energy-Drink-Hersteller Red Bull, der hier nun das Sagen hat – was von vielen Fans wie auch anderen Vereinen stark kritisiert wird.

Fußball, und insbesondere die Bundesliga, ist allerdings einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland. Der Umsatz aus den 36 Clubs ersten beiden Bundesligen lag 2023 bei 4,48 Milliarden Euro, 10,5 Prozent mehr als im Vorjahr, jedoch noch rund 325 Millionen Euro unter den Rekordumsätzen von vor 2019. Angesichts dieser Zahlen sprach der Sprecher des DFL-Präsidiums Hans-Joachim Watzke von einer „leichten wirtschaftlichen Erholung, aber noch lange nicht von einer Entwarnung“. Kein Wunder also, dass man nach zahlungskräftigen Investoren sucht, auch wenn man damit an Entscheidungsfreiheit verliert.

Die Vereine der Landes- und Regionalligen werden von der Richtung der Bundesliga stark beeinflusst. Der SC Weiche Flensburg 08 besitzt derzeit rund 1.100 Mitglieder. Das Manfred-Werner-Stadion hat eine Kapazität von 4.000 Zuschauern. Weiche Flensburg spielt in der Regionalliga Nord, konnte aber auf einige beachtliche Erfolge zurückblick, wie zuletzt den Abstecher in den DFB-Pokal nachdem man 2020/21 den Landespokal Schleswig-Holstein heimtrug. Auch Weiche Flensburg besitzt natürlich eine begeisterte Fankurve im Stadion und eine treue Anhängerschaft, großes Kapital aus den Mitgliederschaften ist jedoch nicht zu erwarten, und auch lokale Sponsoren und Investoren verhalten sich angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Lage vorsichtig.

Fußballbegeisterung macht sich hier jedoch auch für die Vereine der Bundesliga breit, selbst wenn Flensburg es selbst nicht bis in die 2. Liga schaffte. Eine neue Einnahmequelle sind Sportwetten und das spannende Geschäft um die Bundesliga Wettquoten. Unabhängig vom Standort werden elektronisch Wetten abgegeben und kräftig Geld eingesetzt – was wiederum auch den Steuereinnahmen aus dem Glückspiel zuträglich ist. Die Bundesliga selbst leistete zudem aus der Saison 2021/22 Steuern und Abgaben in Höhe von 1,4 Milliarden Euro – weshalb natürlich auch der Bund Interesse daran hat den Sport weiter zu fördern, und dies deutschlandweit.

Im Sommer 2024 kommt der UEFA Euro-Cup nach Deutschland, und davon wird auch die Stadt Flensburg profitieren, nicht zuletzt aufgrund seiner Lage an der deutsch-dänischen Grenze und der Bekanntheit seiner traumhaften Förde. Zwar finden hier keine Spiele statt, von Hamburg ist man jedoch nur etwas über zwei Stunden entfernt, wo vier Gruppenspiele und ein Viertelfinale ausgetragen werden. Zudem kommen viele Besucher aus aller Welt nach Deutschland, eben nicht nur um die Fußballspiele anzusehen, sondern auch Touristenregionen wie die Ostsee zu erkunden.

Flensburg profitiert also in vieler Hinsicht, auch ohne große Bundesligamannschaft, von dem Sport als bedeutende deutsche Wirtschaftsbranche. Nicht zuletzt kommen auch einige bekannten Fußballgrößen aus Flensburg, wie beispielsweise Kolja Afriyie, Niels Hansen, Pierre Becken, Christian Jürgensen, der mittlerweile Geschäftsführer beim SC Weiche Flensburg ist, und Max Christiansen, der derzeit bei Hannover 96 spielt, zuvor bereits für Fürth, Mannheim, Armenia Bielefeld, Ingolstadt und Hansa Rostock unter Vertrag stand. 

Kann sich die Bundesliga nicht länger gegen die Kommerzialisierung und Investitionen von zahlungskräftigen Investoren wehren und passt sich dem bereits in Europa vorherrschenden Modell an, mag dies breite Auswirkungen bis in die Landes- und Regionalligen haben. Fließt mehr Geld in die erste und zweite Bundesliga, besitzt man hier mehr Kaufkraft und mach sich nach neuen Talenten auch im eigenen Land umsehen.

Foto: Envato.com

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